Normalerweise wird die Stabilisierungspolitik von Makroökonomen als Politik gesehen, in der die Nationalbank die Inflationsrate stabilisiert während die Fiskalpolitik (gegenwärtige und zukünftige Steuern) das Staatsschuldenniveau stabilisiert. Die Staatsverschuldung hat keine Auswirkung auf die Geldpolitik.
Leeper (1991) hat dies als aktive Geld- und passive Fiskalpolitik bezeichnet. Aktiv heisst, dass die Geldpolitik keine keine Rücksicht auf die gegenwärtigen oder vergangenen Variablen (Staatsverschuldung) nehmen muss, die von der passiven wirtschaftspolitischen Einheit (Staat) kontrolliert werden. Eine passive Politik ist dadurch gekennzeichnet, dass die wirtschaftspolitische Einheit in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist und auf die Entscheidung der aktiven Einheit (Geldpolitik) Rücksicht nehmen muss.
Die fiskalische Theorie des Preisniveaus, von
Woodford und anderen entwickelt, besagt, dass die Fiskalpolitik aktiv ist und die Geldpolitik passiv. Diese Theorie ist unter Ökonomen stark umstritten. In letzter Instanz sagt diese Theorie, dass die Staatsverschuldung die Inflation beeinflussen kann. Gerade in einer Situation wie der jetzigen, wo der Stabilisierungspolitik der Notenbank durch den "zero lower bound" Grenzen gesetzt sind.
Die grundlegende Idee ist die folgende: Im Gegensatz zur konventionellen Theorie, die besagt, langfristig beeinflusst nur die Geldmenge die Inflation, wird die Budgetbeschränkung nicht als Budgetbeschränkung, sondern als Gleichgewichtsbedingung aufgefasst. Dies kann zur folge haben, dass das Preisniveau auch durch die Staatsverschuldung determiniert wird, auch langfristig. Die Folge einer Verletzung der Budgetbeschränkung ist, dass die Fiskalpolitik aktiv ist und die Geldpolitik passiv. Um die Wirtschaft zu stabilisieren, muss die Zentralbank inflationäre "Überraschungen" generieren um die reale Staatsverschuldung zu reduzieren.
Fiskalische Disziplin, d.h. ein ausgeglichenes Budget über den Konjunkturzyklus (Überschüsse in guten Zeiten, Defizite in schlechten Zeiten) sind notwendig um das Preisniveau stabil zu halten. Defizite brauchen Inflation in der Zukunft. Mit aktiver Fiskalpolitik und passiver Geldpolitik ist Inflation-targeting unmöglich und letztlich aus unglaubwürdig. Inflation-targeting wie es die EZB und die meisten Nationalbanken betrieben benötigt eine aktive Geldpolitik und eine passive Fiskalpolitik.
Die fiskalische Theorie des Preisniveaus ist umstritten. Manche bezeichnen sie als
Denkfehler und als
inkonsistent. Gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtseffekte sprechen in der Regel gegen eine Monetisierung der Staatsschulden.
Allerdings können Regeln sich ändern. Ein Papier von
Danvig und Leeper geht in die Richtung, es wird argumentiert, dass sich die Charakterisierung von Geld- und Fiskalpolitik stochastisch ändern können. Und beide kurzfristig auch gleichzeitig passiv oder aktiv sein können. Dies sollte aber langfristig unmöglich sein.
Die Politik der EZB ist meiner Einschätzung nach aktiv. Ich habe aber das Gefühl, sie möchte um (keinen Preis) den aktiven Part den Staaten übertragen. In einer Währungsunion ist das auch viel problematischer als in einem Bundesstaat, wie der USA ...