Samstag, 20. Oktober 2012

Grundbuchgebühren als Vermögenssteuern?

Nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die bestehenden Regeln zum Grundbuch mit Wirkung 1. Jänner 2013 aufgehoben hat, muss die Regelung repariert werden. Der Verfassungsgerichtshof erachtete es als verfassungswidrig, dass unterschiedliche Bemessungsgrundlagen angewandt werden: für Käufe der Verkehrswert (Kaufpreis), für Schenkungen und Erbschaften der meist viel niedrigere (dreifache) Einheitswert.

Grundbuchgebühren haben den Sinn die Führung des Grundbuchs zu finanzieren. Eine Unterschiedliche Behandlung von Kauf und Schenkungen oder Erbschaften ist daher nicht gerechtfertig. Aber die Reparatur bring Probleme mit sich. Die bisher Begünstigten (insbesondere "Erben") laufen dagegen Strum. Der ORF schreibt:
Nicht nur Notare, Rechtsanwälte, der Verfassungsdienst, die Industriellenvereinigung und die Arbeiterkammer deponierten teils große Bedenken. Auch in den Reihen der ÖVP fanden sich viele Kritiker - die schwarzen Bundesländer Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg sowie die von Christoph Leitl (ÖVP) geführte Wirtschaftskammer lehnten den Entwurf ab.
Hauptkritikpunkte sind die steigenden Eintragungsgebühren für die meisten Schenkungen und Erbschaften von Immobilien, zu enge Ausnahmen für Familien und Betriebsübergaben - und auch eine neue Strafbestimmung für fehlerhafte Angaben.
Der derzeitige Entwurf kann das nicht reparieren. Denn Ausnahmeregelungen sind unfair. Das Problem sind die Bemessungsgrundlagen, Ausnahmen führen wieder zu unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen wie Verfassungsrechtler sagen. Was würde sich mit dem Karl Vorschlag ändern? Die Presse:
Beispiel der 120-Quadratmeter-Wohnung liegt der Verkehrswert nach einer Berechnung der Rechtsanwaltskammer bei rund 480.000 Euro, der dreifache Einheitswert beträgt 44.455 Euro. Die geplante Neuerung des Justizressorts würde fast eine Verelffachung der Gebühr bedeuten.
Für die Verfassungsrechtler sind die Ausnahmen das Problem. Für Gerhard Hofer in der Presse sind es versteckte Steuern:
Egal, wie das juristische Geplänkel zwischen der Justizministerin und Verfassungsjuristen ausgehen wird. Es ändert nichts an der Tatsache, dass die sogenannte Grundbuchgebühr in Wahrheit eine versteckte Steuer ist. Wer ein Grundstück erwirbt, bezahlt 1,1 Prozent vom Kaufpreis. Offenbar kostet es die Beamten viel mehr Mühe, eine Villa ins Grundbuch einzutragen als eine Bruchbude.
Verwunderlich ist nur, warum es sich bei anderen Gebühren nicht ähnlich verhält. Denn es gäbe so viele Möglichkeiten, per Gebühr die Staatskassen zu füllen. Wie wär's mit höheren Parkplatzgebühren für Sportwagen? 
(...)
Gebühren heißen deshalb Gebühren, weil sie eine Art Aufwandsentschädigung darstellen. Und so absurd all diese hier angeführten Ideen sind, so absurd ist auch die Grundbuchgebühr. Die es hierzulande seit Jahr und Tag gibt, wohlgemerkt. 
Wird Zeit, dass aus dieser versteckten Vermögensteuer eine echte Gebühr wird. Und die sollte für jeden gleich teuer sein. Alles andere ist nur eine Frotzelei des Steuerzahlers – über Gebühr.
Nun ja. Leider nicht. Denn auch andere wichtige Gebühren messen sich nach Werten. Die Gerichtsgebühren werden auf Basis des Streitwerts ermittelt. Dass die rechtliche Definition von Gebühren nicht so einfach ist zeigt allein schon ein Blick in Wikipedia oder im RIS:
Unter den Oberbegriff der öffentlichen Abgaben fallen Steuern, Beiträge und Gebühren, wobei aber die österreichische Rechtsordnung keine Legaldefinition dieser Begriffe enthält und auch die Terminilogie des Gesetzgebers nicht immer dem Begriffsverständnis der Finazwissenschaft oder der Verwaltungsrechtswissenschaft entspricht. Als Gebühren werden dabei Abgaben verstanden, die Abgabenpflichtige als öffentlich-rechtliches Entgelt für eine besondere vom Bürger unmittelbar in Anspruch genommenen Leistung einer Gebietskörperschaft zu entrichten haben.
Nichts steht dabei, dass diese einheitlich sein müssen, macht oft auch wenig Sinn. Die Rechtssicherheit ist für den Willenbesitzer mit mehr Nutzen verbunden als für den Besitzer der Bruchbude. Auf Basis des Nutzens ist eine wertabhängige Gebühr vertretbar. Dies muss aber bei den höheren Parkplatzgebühren für Sportwagen nicht gelten. Denn das Nutzenargument macht hier wenig Sinn.

Die wirkliche Frotzelei des Steuerzahlers wäre eine zu niedrige Gebühr, welche die Kosten nicht deckt, denn dann gäbt es Umverteilung von den Steuerzahlern zu den Wohnungskäufern, denn der Steuerzahler muss dann die Gebühr zahlen. Daher wäre für mich die beste Lösung:

  1. Die Grundbuchgebühr ist zu designen, dass sie das Grundbuchsystem finanziert, nicht mehr nicht weniger. Alle Eintragenden sollen dieselben wertabhängigen Gebühren zahlen (egal ob Schenkung oder Kauf) und jene die das Grundbuch nutzen (Geringe Gebühren der Abfrage).
  2. Die Einheitswerte sollen abgeschafft werden ebenso wie die Grundverkehrssteuer. 
  3. Die Grundverkehrssteuer soll durch eine generelle Vermögenssteuer (Grundsteuer) auf Marktwerte ersetzt werden. Diese Grundsteuer könnte so ausgestaltet werden, dass sie aufkommensneutral die alte Grundsteuer und die Grundverkehrssteuer ersetzt. Sie könnte aber auch so ausgestaltet werden, dass damit ein erster Schritt zum Steuerföderalismus getan wird, wenn die Festsetzung der Steuern den Gemeinden oder den Bundesländern übergeben wird. 
Nur dann wird Gleiches nicht ungleich behandelt und gleichzeitig können die Ineffizienzen einer Vermögenstransaktionssteuer vermieden werden. Warum sollen nur jene zahlen, die gerade ein Haus kaufen? Warum sollen bestimmte Gruppen weniger zahlen. Auch Transaktionen in Familien sind wirtschaftliche Transaktionen zwischen Individuen, und wirtschaftlich nicht unbedeutend.  

1 Kommentar:

  1. VfGH is on your side:

    https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vfgh&Dokumentnummer=JFR_09929699_06B00301_2_01

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