Donnerstag, 24. März 2011

Rohstoffpreise und Weltmarktentwicklung

Via Mark Thoma eine Grafik, die deutlich den Zusammenhang zwischen Rohstoffpreisen und der globalen Nachfrage zeigt.



Reuben Glick fasst das folgendermaßen zusammen:

Global commodity prices have followed global economic activity as measured by world industrial production. Commodity prices fell during the recent recession and rose with the recovery, which increased demand for raw materials, particularly from developing countries such as China. In fact, increased demand from developing countries accounts for most of the increased world demand for commodities such as oil, wheat, and corn over the past decade. In the case of corn, a substantial amount of increased demand also reflects its use in ethanol production.


Dies legt nahe, dass bei weiterer günstiger Entwicklung der globalen Wirtschaft weitere Preissteigerungen bei Rohstoffen erwartet werden können, wenn die hohen Preise nicht zu einer Abschwächung der Konjunktur führen.

Konsolidierung und Krise?

Kash zeigt die kurzfristige wirtschaftlichen Entwicklung im UK. Im UK wurde ein ambitioniertes Konsolidierungsprogramm initiiert. Wegen der dämpfenden Effekte auf die Staatseinnahmen mussten auch die langfristigen Budgetprojektionen revidiert werden.

Hier als Illustration die kurzfristige Entwicklung des Wachtums im Vergleich zu USA und Deutschland:



Die Frage bleibt ob dies allein mit dem Timing der Konsolidierung zu tun hat oder ob dies nur einer Antizipation der Effekte entspricht. Jedenfalls spricht diese Evidenz tendenziell gegen die Hypothese, dass eine restriktive Budgetpolitik den Weg aus der Krise leiten kann. In einem Jahr wissen wir mehr.

Freitag, 11. März 2011

zurück zur natur oder experimentierkasten?

Der oder besser ein (weiterer) Pakt für den Euro (pdf) wurde in Brüssel unterzeichnet. Daniel Gros meint es wäre kein großer Schritt: "No default will ever be allowed, but all bailouts will be preceded by tough talk” und weiter:
Once again they have failed to think through the consequences of their actions from the perspective of the markets. They failed to think through what this weekend’s decision will mean for the options they will face in the future.

Die Frage ist ob Griechenland einen Primärüberschuss von 5,5% des BIP für alle Zeiten schaffen kann und ob die Zinsen nicht zu hoch steigen. Dies bedeutet konkreterweise, dass Griechenland einen indirekten Bail-Out bekommt oder schon hat. Aber langfristig kann der Pakt für den Euro kann nur funktionieren, wenn ein Normalszenario für die periphären Länder möglich ist.

Mit Normalszenario meine ich x<60 href="http://ideas.repec.org/a/fip/fedhep/y2006iqiip44-55nv.30no.2.html">Bliss und Kaufman haben einen guten und ausführlichen Vergleich zwischen der normalen Insolvenzregulierung und dem FDIC vorgehen in den USA).
Dies kann nur über ein spezielles Insolvenzverfahren, welches den Wertpapierbereich und den Geschäftsbankenbereich trennt gehen. Luigi Zingales forderte in einem Beitrag zur Zukunft der Finanzmarktregulierung vor einiger Zeit "a new Glass-Steagall Act separating mutual fund management from investment and commercial banking". Neues dazu habe ich länger nicht gelesen. Und wer sollte mögliche Insolvenzen von global aktiven Banken abwicklen? Die schwarzen Helikopter der UN?

Eine derartige Situation könnte auch zu einer Nationalisierung (zum Nulltarif) mehrerer großen Banken führen. Dies würde die Möglichkeit erschaffen ein neues Blümchen-Banking Finanzsystem zu designen. "Zurück zur Natur" sozusagen. Mit höheren Mindestreservensätzen für größere Banken, Trennung von Banken und Investmentgesellschaften und vielem weiteren, was zu Beginn der Krise in den Raum gestellt wurde. Dort aber nicht abgeholt wurde. Oder noch radikaler ein Bankensystem mit 100% Mindestreserven und Regulierung von allem was zu connected oder to big to fail ist. Ob das Banken, Hedgefonds, Versicherungen, Staatsinstitute oder fliegende Untertassen sind.

Aber irgendwie glaube ich nicht wirklich, dass der "Experimentierkasten" ausgepackt wird und auch nicht, dass "zurück zur Natur" eine politisch realistische Option ist. Der politische Wille solche Risiken einzugehen ist eindeutig begrenzt und letztlich verständlich, denn die Unsicherheit über die Auswirkungen ist hoch. Bankensteuern sind letzlich etwas anderes als die Reduktion oder Eliminiation von regulatorischer Arbitrage.

Daher bleibt die Gefahr, dass der Euro die Funktion des Goldstandards in der großen Depression übernimmt, wie von Eichengreen/Temin argumentiert. Fixierte Wechselkurse führen dazu, dass Abwertungen unmöglich sind und Leistungsbilanzungleichgewichte allein durch reale Anpassungen (Löhne, Produktivität) ausgeglichen werden können. Inländisches Abwerten führt aber zu einer Explosion der Staatsverschuldung. Eine Restrukturierung der Staatsverschuldung der Länder in der Peripherie auf die eine (Bail-Out durch die anderen Länder) oder andere (Haircut) Art und Weise ist dafür notwendig. Sauberer wäre zweifellos ein Haircut. Denn ein missglückter Bail-Out über die anderen Länder hat das Potential auch das politische Projekt EU zu beschädigen. Aber hope ist last to die, wie auch Daniel Gros anmerkt:
All our leaders can do now is to hope that the road will take a decisive turn for the better; and that the new ‘Pact for the euro’ helps them avoid future accidents.

Donnerstag, 10. März 2011

Fehler rechter und linker Ökonomen

Tyler Cowen von Marginal Revolution hat eine interessante Liste von allgmeinen Fehlern und falschen Annahmen interventionistischer (linker) Ökonomen und marktliberaler (rechter) Ökonomen die seiner ansicht nach über Meinungsverschiedenheiten hinausgehen. Die Liste wurde vor dem Hintergrund des US Diskurses gemacht, hat aber auch Relevanz für die alte Welt und Österreich ....
Zuerst die Vorwürfe an die wirtschaftsliberalen Kollegen (fett meine Deutung):
  1. Inflation & Hyperinflation: There is excess fear of inflation and hyperinflation in the current economic environment. Further there is often an excess estimate of the costs of inflation in the two to five percent range.
  2. Determinanten des Wachstum: We know much less about the causes and drivers of economic growth than we like to admit, and when pushed on this issue we fall back to citing relatively simple cases with extreme differences, such as East vs. West Germany.
  3. Gesamtwirtschaftlicher Ertrag niedriger Steuern: Lower taxes don't spur economic development as much as it is often claimed, at least not below the "fifty percent or less of gdp" range.
  4. Klimawandel: There are many climate change issues of relevance here, not mostly economics, but it seems remiss not to mention them.
  5. Privates Gesundheitssystem: I'm all for Health Savings Accounts, but unless done on a Singaporean scale, and with lots of forced savings, they're not a health care plan to significantly benefit most Americans. There is less of a coherent health care plan, coming from this side, than one might like to think.
  6. Konstenkontrollen im Gesundheitssystem: There is already considerable health care cost control embedded in the ACA, most of all for Medicare, and this is not admitted with sufficient frequency.
  7. Unterschätzen der Wichtigkeit der Staaten in der Wirtschaftsgeschichte: When it comes to the historical determinants of the Industrial Revolution, the Great Divergence, and the like, the importance of state-building in that process is often neglected.
  8. The story of steady and significant economic progress for most Americans is accepted too readily.
  9. Unterschätzen der Marktfehler in der Finanzkrise: The role of market failure in the recent financial crisis is underestimated. It is also believed that we can somehow commit to a policy of no future bailouts. Promoting that myth will make future bailouts more likely.
  10. Relying on liability law, whether or not it is a good idea, is not intrinsically more pro-market, more libertarian, or less interventionist.
und dann die Vorwürfe an die interventionistischen linken Ökonomen:
  1. Überbetonen der Bedeutung von Geld in der Politik: Suggesting that money matters in politics far more than the peer-reviewed evidence indicates.
  2. Einzelevaluierungen von Staatsausgaben: Evaluating government spending on a program-by-program basis, rather than viewing the budget as a series of integrated accounts. Cross check with the phrase "Social Security," or for use to take many discretionary spending cuts off the table.
  3. Nichtberücksichtigung politökonomischer Aspekte: A reluctance to incorporate sophisticated "public choice" theories into the analysis of favored programs.
  4. Sins of omission: there are plenty of bad policies, such as occupational licensing, which fail to come under much attack from the left. Sometimes this is because the critique would run counter to the narrative of needing more government or needing more regulation.
  5. Überschätzen der Gewerkschaften: Significantly overestimating the quality of the political economy of an America with more powerful labor unions and underestimating the history of labor unions as racist, corrupt, protectionist, and obstructions to positive change.
  6. Überschätzung des Effekts von Fiskalpolitik und Unterschätzung der Geldpolitik: Overestimating the efficacy of fiscal policy, underestimating the power of monetary policy, and sometimes ignoring or neglecting how the two interact ("the monetary authority moves last").
  7. Citing weak versions of structural unemployment theories and dismissing them with a single sentence or graph, while relying on stronger versions of structural theories in other, non-cyclical contexts.
  8. Lack of interest in discussing ethnicity and IQ as relevant for social policy, except in preferred contexts.
  9. Überoptimistische Einschätzungen der Fiskalpositionen von Gebietskörperschaften: Overly optimistic views of the fiscal positions of state governments. Since the states don't have the same tax-raising powers that the feds do, and since state government spending is favored, there is a tendency to see these fiscal crises as not so severe, or as caused by mere obstructionists who will not raise taxes to the required levels.
  10. A willingness to think that one has "done one's best" in the realm of policy, and to blame subsequent policy failures on Republican implementation, rather than admitting that a policy which cannot be implemented by both political parties is perhaps not a good policy in the first place.
  11. Use of a strong moral argument for universal health care coverage, combined with a fairly practical, hard-headed approach to the scope of the mandate, and not realizing the tension between the two. Failure to indicate where the "bleeding heart" argument actually should stop and at what margins we should (and will) let non-elderly people die, if only stochastically.
  12. Implicitly constructing a two-stage moral theory, which first cordons off the sphere of the nation-state (public goods provision, etc.) and then pushing cosmopolitan questions off the agenda in the interests of expanding a social welfare state. (In fairness, many individuals on the right don't give cosmopolitan considerations even this much consideration, although right-oriented economists tend to be quite cosmopolitan.)
  13. Selektion bestimmter Vorbildstaaten: What about countries? Classical liberals are increasingly facing up to the enduring successes of the Nordic nations. There is not always a similar reckoning with the successes of Chile and Hong Kong and Singapore; often this is a sin of omission.
  14. Reluctance to admit how hard the climate change problem will be to solve, for fear of wrecking any emerging political consensus on taking action.

Für jeden etwas da?

Risikokapital auf österreichisch

In der Presse meint Michael Losch (Sektionschef im Wirtschaftsministerium), dass dem fehlendem Risikokapitals in Österreich gegengesteuert werden muss. Es gäbe einen "klaren Auftrag an die Politik" wird Michael Losch zitiert. Verschiedene Fördermodelle werden bereits verwendet und neue in Betracht gezogen. Allerdings wird im Artikel kein Wort über regulatorische Reformen verschwendet.

Dabei ist seit Jahren bekannt, dass der österreichische legistische Rahmen für Risikokapital deutlich hinter internationalen guten Vorbildern zurückbleibt. Es liegt nicht nur an der Schwäche der Wiener Börse, der Risikofeindlichkeit österreichischer Investoren oder ähnlichem. Christoph Wildmoser und Philip Kinsky schrieben 2009 zum vorgeschlagenen Investmentgesellschafen Gesetz:
A main reason for the underdevelopment of the Austrian Private Equity and Venture Capital market in the past can bee seen in the lack of suitable and competitive legal freamework for private equity and risk capital investments.
Das Investmentgesellschaften Gesetz liegt seit Vorstellung eines ersten Entwurfs 2008 auf Eis.
Vielleicht sollte aber vor dem großzügigen Design von vielen neuen Förderprogrammen der legistische Rahmen geprüft und verbessert werden.
Im vergangenen Jahr 15 Millionen Euro an zwei Risikokapital-Fonds ausbezahlt, die das Geld wiederum zusammen mit Mitteln von privaten Investoren in österreichische Firmen investieren. Sollte sich die Initiative als erfolgreich erweisen, denkt man an eine Fortsetzung, sagte Losch.
Aber es braucht es schon einiges an Optimismus um große Multiplikatoreneffekte für die Bereitstellung von privatem Risikokapital in Österreich erwarten zu können. Und weiter im Text
Der österreichische Staat sollte eine indirekte Rolle bei der Unternehmensförderung spielen, findet der Sektionschef. Als Unternehmer sollte er jedenfalls nicht auftreten. Deswegen sei die Venture-Capital-Förderung des aws im Vorjahr auch an zwei Fonds ausbezahlt worden, und nicht direkt an Startup-Unternehmen.
Aber wie war das mit dem Mittelstandsfonds?

Sonntag, 6. März 2011

In Grabers Falle

Karl Graber meint im Spectrum die Krise sei auf die geistigen Ideen des Interventionismus von Keynes (keynesianischer Grundkonsens) zurückzuführen. Kurz zusammengefasst ist die These, dass die zu expansive Geldpolitik in den USA und Europa zur Krise geführt hätte. Man dürfe sich nicht wundern, wenn die Geldexpansion zu Fehlallokationen geführt hat. Dabei beruft sich Karl Graber auf die Konjunkturtheorie der österreichischen Schule. Nicht laxe Regulierung der Finanzmärkte sondern expansive Geldpolitik sei die Ursache der Krise gewesen.

Ich bin nicht überzeugt.

Zwar war die Geldpolitik in den USA kurz vor der Krise locker - ex post. Es ist nicht ganz eindeutig, wie das zeitgerecht festgestellt werden soll. Es gibt mehr als eine Taylor rule (vergleiche), die mehreindeutige Antworten geben. Für Europa kann eine exzessiv Lockere Geldpolitik vor der Krise eher ausgeschlossen werden. Darüberhinaus sind die Krisen in Island, Irland und Spanien keine fiskalpolitischen Krisen sondern primär Krisen des Bankensystems.

Die österreichische Konjunkturzyklustheorie in ihrer volkstümlichen Variante argumentiert, dass leichtes Geld zu Fehlallokationen und in der folge zu Krisen führt. Das ist gegeben der sonstigen Einschätzung der Unternehmer im Rahmen dieser Schule etwas rätselhalft, wie auch Bryan Kaplan meint:

Why does Rothbard think businessmen are so incompetent at forecasting government policy? He credits them with entrepreneurial foresight about all market-generated conditions, but curiously finds them unable to forecast government policy, or even to avoid falling prey to simple accounting illusions generated by inflation and deflation... Particularly in interventionist economies, it would seem that natural selection would weed out businesspeople with such a gigantic blind spot.
Die Irrationalität der Unternehmer ist ein Kennzeichen dafür, dass Geld nicht neutral ist. John Quiggin argumentiert
There’s an obvious implication about the (sub)optimality of market outcomes here, though more obvious to a generation of economists for whom arguments about rational expectations are second nature than it was 100 years ago. If investors correctly anticipate that a decline in interest rates will be temporary, they won’t evaluate long-term investments on the basis of current rates. So, the Austrian story requires either a failure of rational expectations, or a capital market failure that means that individuals rationally choose to make ‘bad’ investments on the assumption that someone else will bear the cost. And if either of these conditions apply, there’s no reason to think that market outcomes will be optimal in general.
Karl Graber verwechselt einiges, wenn er auf die Expansion der Geldmenge im Zuge der Krise hinweist. Diese Expansion der Bilanzen und monetären Basis war im wesentlichen ein Bankenhilfspaket um ein Krachen des Bankensystems zu verhindern. Spätestens nach Lehman Brothers war der Interbankenhandel zusammengebrochen. Um Bank-runs zu verhindern wurde auch quantitativ gelockert. Bis heute hat sich der Interbankenmarkt nicht wirklich erholt, auch weil die Fazilitäten und Überschussreserven für die Banken attraktiv sind. Die einzigen die Strafzinsen einführten um die Kreditvergabe anzuregen waren die schwedische Nationalbank. Es ist damit gelungen eine umfassende Bankenkrise abzuwenden. Jetzt zu behaupten, dass dies zu Inflation und einer neuen Krise führen wird ist seltsam. Weil der Ertrinkende ein bisschen Brackwasser geschluckt hat, ist der Retter nicht an der folgenden Bauchverstimmung schuld.

Doch noch schräger erscheint mir, dass Grabers Argumentationline, wenn es um die Verurteilung des "keynesianischen Grundkonsens" geht. Zuerst ist FED mit ihrer Zinspolitik Schuld an der Krise und der Inflation und dann plötzlich geht es plötzlich nur mehr um Fiskalpolitik. Dabei ist die Beschreibung des Problems des "keynesianischen Grundkonsens" prinzipiell richtig. Der keynesianische Konsens hat Kosten. Keine Frage. Eine allzu aktivistische Fiskalpolitik in relativen Ruhephasen ist mit einer Krise des Fiskalstaats verbunden.
Allerdings nicht in den letzten Jahren. Die folgende Grafik (leider keine aktuellere gefunden) zeigt die Konjukturzyklen in der "keynesianischen Phase" und in der vorkeynesianischen Phase für die USA. Es fällt auf, dass Boom und Bust in der vorkeynesianischen Phase regelmäßiger sind und der Anfang der Reihe viel grauer ist als das Ende der Reihe. Dies kann strukturelle Ursachen haben, aber augenscheinlich war die Phase des des "klassischen Konsens" mit höheren Konjunkturkosten verbunden.



Wenn Graber schreibt:

Es ist also keine Übertreibung, den „ Keynesianischen Grundkonsens“ für eine Chimäre und für die eigentliche Ursache der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise zu halten, weil die darauf gründende Konjunkturpolitik am falschen Ende ansetzt, also das Pferd vom Schwanz her aufzäumt. Das Gegenteil wäre richtig, was etwa die Wiener (oder Österreichische) Schule der Nationalökonomie schon vor 80 Jahren mit Bestimmtheit wusste. Bei der Produktion von Gütern und Leistungen, also auf der Angebotsseite, muss angesetzt werden, wenn das Auf und Ab der Wirtschaftszyklen, das unvermeidlich ist, klein gehalten und das Entstehen und Zerplatzen großer Blasen (Krisen also) verhindert werden soll, denn „ wennWaren keine Käufer und Arbeiter keine Arbeit finden, dann kann das nur einen Grund haben: Die geforderten Preise und Löhne sind zu hoch. Wer seine Ware oder Arbeit verkaufen will, muss seine Ansprüche so lange ermäßigen, bis er einen Abnehmer gefunden hat. Das ist das Mittel, durch das der Markt die Produktion in die Bahnen lenkt, auf denen sie den Bedürfnissen der Verbraucher am besten zu dienen vermag.“ (Ludwig von Mises, 1940)
hat er mich endgültig verloren. In Österreich & Deutschland war die Krise in erster Linie eine Krise der exportorientierten Industrie, hervorgerufen von einem Rückgang des Welthandels. Wenn Deutschland und auch Österreich jetzt wieder so gut dastehen, hat das nichts mit Änderungen der produzierten Waren, Lohnsenkungen oder Preissenkungen zu tun, sondern damit, das die internationale Konjunktur angesprungen ist. Hätte man auf Kurzarbeit, staatliche Kreditgarantien, Änderung des Insolvenzgesetzes etc. verzichten sollen?

Grabers Vorschlag die Körperschaftssteuern auf die Hälfte zu senken und für KMU entsprechende Steuergutschriften einzuführten kann ich wenig abgewinnen. Wenn Steuersenkungen, dann für alle symmetrisch. Denn so wie vorgeschlagen, ist das nur Fiskalpolitik - halt in die andere Richtung. Derselbe Mechanismus den Graber beim "keynesianischen Grundkonsens" kritisiert gilt auch für eine solche Maßnahme. Somit ist die Argumentation eine primär ideologische. Überdies eignet sie sich wegen der Richtungslosigkeit der Anreize nur wenig als Stimulus. Es gibt wenig Anhaltspunkte dafür, dass niedrigere Steuern einen Strukturwandel beschleunigen oder die "animal spirits" befeuern.* Die meisten Unternehmen sind nicht unternehmerisch in einem Schumpeter'schen Sinn (Innovation), ja nichteinmal in einem Kirzner'schen Sinn (Arbitrage). Billiger für die Allgemeinheit sind da garantierte Kredite, die zudem nur an Unternehmen vergeben werden die Investitionen durchführen.

Nächste Woche gibt es eine Antwort von Stephan Schulmeister. Ich glaube aber nicht, dass diese mir besser gefallen wird.


* Damit habe ich mich wohl endgültig als "keynesianischer Grundtyp" geoutet.


Freitag, 4. März 2011

Trichet & der angekündigte Zinsschritt

Heute früh beim Zeitungslesen habe ich fast den Kaffee verschluckt. Trichet meint die Zinsen sollen steigen ..... Der angekündigte Zinsschritt der EZB kann vielleicht nachvollziehbar sein wenn die EZB die alte Deutsche Bundesbank wäre, die antizipatorisch eine Überhitzung der deutschen Wirtschaft durch eine D-Mark-Aufwertung verhindern möchte. Doch der Euro ist nicht die D-Mark, der Euro-Raum nicht Deutschland, und importierte Inflation in der derzeitigen Situation nicht angebracht um eine restriktive Politik anzukündigen. Warum das keine gute Idee ist argumentiert Kantoos Economics in einem lesenswerten Post mit dem Titel "Is Trichet out of his ..... mind". Selber lesen, hier nur die Zusammfassung:
  1. Das nomimale Bruttoinlandsprodukt ist unter dem Trendwachstum und fallend!
  2. Das 2% Inflationsziel ist für eine heterogene EU zu eng. Ein höheres Ziel wäre angebracht.
  3. Inflation getrieben von globaler Nachfrage oder Anpassungen zu neuen Gleichgewichten ist für Länder mit einer Nachfrageschwäche kein Grund eine restriktive Geldpolitik zu fahren sollten keine Zweitrundeneffekte erkennbar sein.
  4. Wer eine harte Geldpolitik so rasch wie möglich haben möchte, sollte die Geldpolitik in einem ersten schritt sehr aggressiv expansiv gestalten. Dabei zitiert Kantoos Friedman, der meinte, dass niedrige Zinssätze kein Anzeichen für billiges Geld, sondern zeigen, dass Geld knapp war.
  5. Die Europäische Kreditkrise ist noch nicht vorbei.
Folgende Grafik von Kantoos Economics verdeutlicht den Befund der Nachfrageschwäche: Die schwarze Linie stellt das nominale BIP der Eurozone dar (die Quantitäten auf der linken Achse), die graue Line ist das Trendwachstum und die grüne Linie die Abweichung des nominalen Wachtums vom nominalen Trendwachstum in % (rechte Achse). Die grüne Linie zeigt, dass sich die Lücke zum Trend bisher nicht schließt sondern größer wird.


Vor diesem Bild der makroökonmischen Entwicklung schließt Kantoos, dass eine rein auf Inflation ausgerichtete Geldpolitik ("Geldwertstabilität") die Krise noch verschärfen kann:
If there is a slight chance for solving this crisis without even more damage, the peripheral countries need to grow! How insanely incompetent do you have to be to worry about globally driven energy prices in a situation like this?
Im Interview mit der Presse meint Peter Brandner, dass die steigenden Preise für Nahrungsmittel und Öl primär realwirtschaftliche Ursachen haben und meint, dass es keine Anzeichen für kräftige Inflation gibt.


Mittwoch, 2. März 2011

Wut und Reform

Schellhorn ist wütend, dass nichts weitergeht. Ein interessanter Supermarkt. Dazu könnte man einiges. Aber bei einem Argument glaube ich hat Schellhorn unrecht. Er argumentiert implizit (zumindest habe ich das so verstanden), dass die Stärke der Sozialpartnerschaft den Reformunwillen der Regierung erklärt. Denn die Sozialpartnerschaft blockiere jede Reform.

Gerade das glaube ich nicht. Ich glaube, dass die Orientierungslosigkeit und Reformunwilligkeit der grossen Koalition auf eine eine Schwäche der Sozialpartnerschaft hinweist. Die Sozialpartnerschaft kann sich nicht mehr gegen die spin-verdoktorten Parteigranden durchzusetzen oder ist selbst gespinnt. Der permanente Wahlkampf über die Medien ist ja noch schlimmer als die Reformunwilligkeit (Wehrpflicht, Schulen ... you name it). Aber das ist eine andere Geschichte ...

Gewerkschaften und Wohlfahrt

Gilles Saint-Paul sagt in einer interessanten Diskussion auf dem Economist zu Gewerkschaften: Gewerkschaften reduzieren im allgemeinen die Wohlfahrt. Gilles Saint-Paul argumentiert auf der Basis der Textbuchökonomie, dass Gewerkschaften wie Kartelle agieren. Durch die überhöhte Lohnabschlüsse verlieren Arbeitslosen und Beschäftigte in Branchen die nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Diese haben in der Folge geringere Lebensstandards. Dies zeigt sich in den Lohnunterschieden für Arbeiten ähnlicher Qualifikation über Branchen hinweg. Diese Ungleichheiten sind groß und hängen zum Teil von der Verhandlungsmacht der Gewerkschaften ab.

In der Regel sind Gewerkschaften in größeren Unternehmen mit Marktmacht stärker und können einen Teil der Monopolrenten abschöpfen. Dies führt in der Folge zu noch höheren Preisen und Wohlfahrtsverlusten. Gewerkschaften spielen deshalb eine positive Rolle insbesonders in wettbewerblichen Branchen, wo nur geringe Renten abgeschöpft werden können. In diesem Fall können Gewerkschaften zur Strukturierung von Lohnverhandlungen beitragen.

und in seinen Worten:
Given that unions tend to reduce the welfare of consumers in general, including some poor and precariouslypositioned workers, and increase the welfare of some specific categories of workers who are relatively well-off, it is hard to argue that unions play a useful redistributive role.
(....)
Unions do not provide a countervailing force to the supposed power of big business. Whenever big business gets rents from monopoly power, unions often manage to share some of those rents (this explains why unions are more present in concentrated industries like automobiles, as opposed to, say, retail trade). This benefits the employees of big business, and it has indeed been shown that these employees enjoy higher wages and greater fringe benefits. But by raising labour costs it further adds to the harm done to consumers (and workers in the competitive sector) by the monopoly power of business. In addition to being too high because firms collude, the price is also too high because employees collude. Furthermore, the interests of the union and their employers are convergent whenever they deal with the outside world: both want to increase the revenue that the firm or the industry can extract through lobbying activities. To the extent that union leaders provide additional voices, unionisation adds to the lobbying power of an industry.
Damit hat Gilles Saint-Paul natürlich recht. Insider-Outsider Probleme sind zentrale Probleme von Gewerkschaften und der gewerkschaftlichen Linken, aber natürlich auch von Branchenverbänden der Industrie.

Dem ist aber noch etwas hinzuzufügen. Gewerkschaften determinieren soziale Normen der gerechten Entlohnung und spielen dadurch eine Rolle in der Umverteilungsdiskussion. Insbesondere, wenn die Politik der Gewerkschaften auch die Arbeitslosen und nicht-organisierte Arbeiter mit berücksichtigt. Aber wer anders als Interessensgruppen der Betroffenen sollen sich für Krankenversicherung, Pensionen, Arbeitsplatzsicherheit, billiges Wohnen, Bildungspolitik und andere Erungenschaften der demokratischen Marktwirtschaft einsetzen, die Mark Thoma dem Staat überantworten möchte. Einem starken Ideal-Staat der sozialen Marktwirtschaft sozusagen, der unpolitisch im besten Interesse der Allgemeinheit handelt. Das Staatsverständnis mancher Ökonomen verwirrt mich manchmal schon. Denn wenn ein solcher Staat genau so handlen soll, dann brauche ich Gewerkschaften oder ähnliche Interessensverbände. Oder nicht? Any ideas?

Dienstag, 1. März 2011

geek ... Inflationserwartungen

krugman ist überzeugt, dass romer zu nett ist:
And really, I don’t think the inflation hawks are relying on models. They’re going with their gut: eek! inflation! money printing! eeevil! This is not a rational discussion.
Die impliziten Inflationserwartungen, die von der Fed Cleveland veröffentlicht werden, sind jedenfalls im Februar 2011 nicht wesentlich anders als jene im Februar 2010. Die langfristigen Inflationserwartungen sind eher gesunken denn gestiegen. Aber noch nicht auf dem Niveau von 2009 (dem Höhepunkt der Krise). Leider habe ich keine Daten für den Euro ... Vermute mal, dass die Inflationserwartungen nicht wesentlich anders sind.