Sonntag, 7. Oktober 2012

Die Zukunft der Bankenregulierung in der EU? Die Vorschläge des Liikanen Reports

Der Report der "High-level Expert Group on reforming the structure of the EU banking sector" unter Vorsitz von Erkki Liikanen wurde letzte Woche veröffentlicht. Kurz heisst der Report Liikanen-Report. Der Report schätzt ab, ob Banken zusätzlich strukturell reguliert werden sollen. Die wesentlichen Schlussfolgerungen sind die folgenden:

 1. Trennung der Handelstätigkeit (Eigenhandel oder im Auftrag der Kunden) vom normalen Bankgeschäft, wenn die Handelstätigkeit im Verhältnis zum Bankgeschäft groß ist. Diese Trennung soll sicherstellen, dass die Handelstätigkeit nicht mit einlagenversicherten Depositen finanziert wird. Die verpflichtende Trennung dieser Aktivitäten soll die gesamtwirtschaftlich wichtigen Aktivitäten (Depositengeschäft, Kredite an nichtfinanzielle Sektoren) vom Handelsbereich abkoppeln. Bankholdinggesellschaften halten die Teile zusammen, die aber getrennt der Regulierung unterliegen sollen.

2. Dass die Banken realistische und transparentere Restrukturierungs- und Abwicklungspläne entwickeln. Die Regulierungsbehörden sollen im Fall der Fälle ein Manadat haben, Bankenfunktionen legal zu trennen, wenn dies die Abwicklung und operationale Fortführung wichtiger Bankenfunktionen (Kreditvergabe, Depositenannahme) unterstützt.

 3. Sollen spezifische klar definierte "bail-in" Instrumente entwickelt werden, die im Restrukturierungs- oder Abwicklungsfall Verluste tragen müssen. Banken sollen einen genügend großen Polster dieser Instrumente aufbauen. Die Rolle dieser Instrumente im Abwicklungsfall soll klar gekennzeichnet sein und soll ausserhalb des Bankensystems gehalten werden. Diese Instrumente können Eigenkapital oder Anleihen sein und dienen dazu die Verlustabsorptionsfähigkeit der Bank zu erhöhen, die Anreize Risiken einzugehen reduzieren und die Transparenz und das Bepreisen von Risiken verbessern. Die Anreize für das Management soll mit den Interessen der Halter dieser Wertpapiere in Übereinstimmung gebracht werden.

4. Robustere Risikogewichte sollen für die Bestimmung des regulatorischen Mindestkapitals herangezogen werden und eine konsistentere Behandlung von Risiken in der internen Risikobewertung durchgesetzt werden. Daneben sollen die Vorschriften für Immobilienkredite im bestehenden Regulierungsrahmen überdacht werden und zusätzliche Vorschriften erlassen werden.

5. Die Unternehmenskontrolle (corporate governance) soll verbessert werden. Boni sollen in Form von Anleihen mit niedriger Priorität ausbezahlt werden und die Offenlegung von Risiken gefördert werden.

Im wesentlichen bedeuten diese Vorschläge, dass ein Trennung zwischen "boring banking" und investment banking durchgeführt wird. Gleichzeitig soll die Systemrelevanz und interne Risikoübertragung durch Interbankenanleihen reduziert werden und die Anreize Risiken einzugehen reduziert werden. Wie Martin Wolf schreibt, gehen diese Vorschläge in die gleiche Richtung wie die Vorschläge im UK, welche ein "ring-fencing" der normalen Banktätigkeit vorschlagen.

Die Banken werden nicht ganz erfreut sein. Eine Reduktion der impliziten Garantien durch die Steuerzahler führt zu einer Erhöhung ihrer Finanzierungskosten. Dies reduziert Margen und wird auch Auswirkungen auf die Kreditkosten von Einzelpersonen und Unternehmen haben. Allerdings sind die gesamtwirtschaftlichen Kosten einer Bankenkrise deutlich höher ...  Der Widerstand gegen Basel III war bereits substantiell.

Ein mögliches Argument gegen die Trennung von Retail und Investmentbanking wäre, dass die Evidenz zeigt, dass Unversalbanking eine bessere Stressresistenz aufweist als Trennbankensysteme. Ich glaube allerdings nicht, dass dieser Einwand nicht zutreffend ist. Wie Martin Wolf schreibt gibt es vier gute Argumente "for ringfencing of trading from retail activities inside universal banks":

1. Ohne die implizite staatlichen Garantie für Depositen wird Handeln weniger profitabel. Der Eigenhandel wird reduziert.

2. Die Handelstätigkeit führt zur gefährlichen engen Vernetzung der Banken, welche das Systemrisiko erhöht.

3. Universalbanken sind größer und damit auch "gefährlicher".

4. Integrierte Banken sind komplexer, weniger transparent und damit schwerer abzuwickeln. Ein effizientes Bankeninsolvenzrecht muss schnell sein, insbesondere für "boring banks".

Eine gute Bankenregulierung ist für den Notfall konzipiert. In guten Zeiten mit verantwortungsvollen Bankern funktioniert fast jede Bankenregulierung. Daher muss die Regulierung auch das normale Bankbusiness umfassen, denn letztlich wurde die gegenwärtige Krise aus dem "boring banking" (Immobilienblase) geboren. Eine solche Regulierung kann auch einfach sein, wie von Andy Haldane (Bank of England) gefordert. Wir lassen auch keine Autos ohne Bremsen auf unseren Strassen fahren.



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