Mittwoch, 18. März 2009

Es wird eine Erholung geben - Europa und wann?

Es gibt in der Ökonomenzunft eine tiefe Kontroverse darüber ob staatliche Ausgabenprogramme jetzt notwendig sind oder nicht. Jetzt hat sich nach Krugman auch Charles Wypolsz dem Thema Europa und Antworten auf die Finanzkrise gewidmet. Beide Ökonomen kritisieren, dass Europa im Gegensatz zu den USA fiskal- und geldpolitisch ungenügend gegensteuert. Für Krugman ist das Problem ein politisches:

there’s no government in a position to take responsibility for the European economy as a whole. What Europe has, instead, are national governments, each of which is reluctant to run up large debts to finance a stimulus that will convey many if not most of its benefits to voters in other countries.

You might expect monetary policy to be more forceful. After all, while there isn’t a European government, there is a European Central Bank. But the E.C.B. isn’t like the Fed, which can afford to be adventurous because it’s backed by a unitary national government — a government that has already moved to share the risks of the Fed’s boldness, and will surely cover the Fed’s losses if its efforts to unfreeze financial markets go bad. The E.C.B., which must answer to 16 often-quarreling governments, can’t count on the same level of support.

Europe, in other words, is turning out to be structurally weak in a time of crisis.

Dem ist zuzustimmen. Darüberhinaus versuchen alle Länder Trittbrettfahrer zu spielen. Mit synchronisierten Konjunkturzyklen ist die Verlockung auf den Stimulus der anderen Länder zu warten zu groß. Also good News für Barro, Uhlig & Co. Kein massiver Stimulus in Europa in Sicht. Wypolsz befürchtet, dass Europa als Ganzes versuchen könnte Trittbrettfahrer zu spielen:
The Franco-German idea of focusing on the next crisis by rethinking financial regulation is disastrous. For one, there is no reason to choose between macroeconomic policies and financial regulation. Both are badly needed, although fiscal action is a matter of acute urgency while financial regulation is going to be a long drawn-out process that will take years to deliver its results. In addition, financial regulation is extraordinarily complicated, as it calls for sophisticated general equilibrium reasoning. Summit meetings are ideally unsuited to the task. It is one thing to ban tax havens, which played no role in the crisis; it is another thing to design incentives that will prevent financial firms from taking risks that yield vast private returns and even larger public losses. The US, with some support from the UK, Japan and, surprisingly, China, are highly unlikely to extract more than token fiscal policy commitments from the Europeans. Maybe this is not all that disastrous. These four countries account for about a hefty share of world GDP, so they can do a lot of good to themselves and to the rest of the world. Indeed, it is very likely that a significant portion of their fiscal expansion will feed imports from the other countries thus spreading relief internationally, especially if their currencies appreciate, but who knows? The problem is that free-riding by some countries may elicit protectionism from those that carry the burden. And that would be disastrous.
In einer globalen Krise wäre das ein Disaster, wie die Entwicklungen der 30er Jahre gezeigt haben. In einer Globalen Krise kann aber auch nicht die Exportwirtschaft die weltwirtschaft aus der Rezession führen. Dies geht bei kleinen Krisen in kleinen Ländern. Aber wenn überall der Konsum am Boden sind und die Unternehmen nicht investieren, dann muss etwas anderes die Wirtschaft aus der Krise führen. Hier lohnt es sich weiter schauen:


Die erste Tabelle kommt aus dem OECD
Working Paper THE MACROECONOMIC CONSEQUENCES OF BANKING CRISES IN OECD COUNTRIES von David Haugh, Patrice Ollivaud und David Turner. Das Diagramm zeigt klar, dass Rezessionen die in Verbindung mit Bankenkrisen ca. zwei mal solange dauern wie Rezessionen ohne Finanzkrisen und zwei mal so hohe ökonomische Kosten haben. Darüberhinaus wird in dem Papier auch gezeigt, dass in der Folge der Aufschwund auch viel moderater verläuft. Keine wirklich guten Aussichten.
Was treibt die Wirtschaft wieder aus der Rezession? Für kleine Länder wie Österreich kann das oft die Exportwirtschaft sein. Für große Länder ist das auch möglich. Es wird of argumentiert, dass die lange Stagnation in Japan erst durch die Exportwirtschaft gebrochen wurde. Doch da gibt es noch ein Beispiel für eine fast geschlossene Wirtschaft - die USA. James Hamilton hat auf Econbrowser ein Posting dazu. Kurzfassung: Wie auf Calculated Risk bereits bemerkt schaut das typische amerikanische Rezessionsmuster so aus, daß die Ausrüstungsinvestitionen nach den privaten Wohnbauinvestitionen und dem privaten Konsum auch zu sinken beginnen und sich nicht erholen bis die Wohnbauinvestitionen und der private Konsum sich erholt haben. In der folgenden Grafik sind die Rezessionen grau unterlegt.

Es ist sichtbar, dass dieses Muster tatsächlich hält
(mehr dazu auf Econbrowser). James Hamilton schaut sich dann verfügbare Daten für den privaten Konsum in der USA an und kommt zum Schluss, dass man vorsichtig optimistisch darüber sein kann, dass die Talsohle der Rezession erreicht worden ist. Etwas ältere Daten der OECD lassen da noch nichts erkennen. Überdies hat die Rezession in den USA etwas mehr als ein dreiviertel Jahr vor der Europäischen Rezession begonnen.


3 Kommentare:

  1. Anonym10:26

    Und was ist mit den automatischen Stabilisatoren? Der europäische Wohlfahrtsstaat ist im Durchschnitt besser ausgebaut. Dadurch sollten die konjunkturbedingten tatsächlichen Staatsausgaben in Europa um einiges höher sein als das Addieren aktionistischer und anlassbezogener fiskalpolitischer Maßnahmen.

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  2. Anonym00:23

    leider konnte mir noch niemand erklären,
    woher das Geld für einen "turnaround" im Konsum kommen soll.

    das Gegenteil ist leicht zu erklären:
    geringerer Immobilienwert -> weniger Kredit -> weniger "immobiliengesicherter Konsum-auf-Pump";
    => weniger "Konsum-auf-Pump" => weniger Einkommen (weniger Arbeit/ weniger business) ==> noch weniger Konsum; noch weniger Investition;
    ===>> noch weniger Einkommen.
    usw. usf.

    Bis sich das Marktgleichgewicht eben auf einem sehr, sehr niedrigem Niveau wiederfindet.


    erst wenn mir jemand erklären kann,
    woher das Geld kommt, welches den privaten Konsum wieder anwachsen lässt,
    mache ich mir Gedanken über ein "Licht am Ende des Tunnels".
    ... aber bis es soweit ist,
    muss ich wohl noch gezwungener Massen von vielen Abwärtsrunden ausgehen.



    Es gilt abzuwarten,
    wie der Mix aus
    -staatl. Investitionen und "Konjunkturpaketen aller Art";
    -die Wirkung der daraus resultierenden Inflation;
    -die Flucht vor der Inflation durch investitionen in Sachwerte und Produktivkapital
    seine Wirkung entfalten wird.


    Eines ist jedenfalls bei jedem Ausweg aus jeder Wirtschaftskrise sonnenklar:

    => irgend-etwas muss von irgend-wem in zunehmendem Masse nachgefragt werden;
    und irgend-wie muss diese Nachfrage auch finanziert werden.

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  3. Soweit ich die Politik der Federal Reserve verstehe, ist das Quantitative Easing (i) dazu da um Deflation gar nicht entstehen zu lassen und (ii) die Zinssätze - insbesondere auch jene für Hypothekarkredite - weiter zu senken: In diesem Fall sollte es möglich sein, dass sich der angesprochene Mix aus staatlicher Intervention, Konjunkturpaket und (?) Inflationsangst sich tatsächlich in einen stabilisierenden Konsumanstieg verwandelt. Das Geld kommt in diesem Fall von der Nationalbank und dem Stimuluspaket -> Einlagen Geschäftsbanken -> Kreditvergabe für langfristige Konsumgüter (Häuser).

    Sollten dies funktionieren, wäre hätten wir einen neuen Bubble? Ich glaube eher nicht, denn die Hauspreise können trotz Neubauten noch weiter nach unten gehen & Banken werden mit Kreditvergabe vorsichtig sein. Für die USA hat es genau diese Situation bereits gegeben. Die Hauspreise haben ihre Talsohle erst 5 Jahre nach dem Wiederanziehen der Baukonjunktur erreicht. Wieso? Mein Armchaireconomist sagt mir, dass Häuser auch spezifische Gebrauchsgüter sind.

    Woher der Europäische Aufschwung kommen soll, ist eher unklar. Die meisten Länder in Europa werden durch die Exportwirtschaft aus dem Sumpf gezogen. Diese erlebte aber erst einen dramatischen Rückgang in Europa.

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