Donnerstag, 25. Oktober 2012

Strukturreformen, Multiplikatoren und Krisenländer

Makroökonomen, insbesondere keynesianischer Prägung, vergessen manchmal auf die institutionelle Qualität von Ländern. Fiskalpolitik hat eine expansive Wirkung. Doch könnte es nicht sein, dass die institutionelle Qualität die Wirksamkeit on Fiskalpolitik beeinflusst. Die Entwicklungsökonomie sagt ja. In Entwicklungsländern ist die Fiskalpolitik zumeist prozyklisch.

Im internationalen Vergleich muss man institutionelle Variablen berücksichtigen. Korruption, die Effektivität von Regierungshandeln und rechtsstaatliche Prinzipien sind über die Länder hinweg deutlich unterschiedlich. Es kann gut sein, dass auch in EU Ländern die Multiplikatoren davon betroffen sind. Strukturreformen im staatlichen Bereich könnten das beeinflussen.Griechenland hat vor kurzem eine dramatische Verwaltungsreform der Finanzverwaltung angekündigt:

Das griechische Finanzministerium hat nach Angaben griechischer Medien vom Samstag eine Gesetzesnovelle im Parlament eingebracht, die unter anderem die Ablösung sämtlicher Finanzbeamter, der Zollbeamten und der Steuerfahnder vom Abteilungsleiter aufwärts vorsieht. Die Beamten werden mit Inkrafttreten der Novelle von ihren Pflichten entbunden.
Die neuen Führungskräfte sollen vom Finanzminister auf ihre Posten berufen werden. Ihre Amtszeit dauert ein Jahr und kann höchstens zweimal erneuert werden. Alle drei Monate sollen ihre Leistungen bewertet werden. Bei Verfehlung des Einnahmeziels können sie abgelöst werden.
Dies ist ein riskantes Vorhaben. Humankapital und Learning by doing ist auch für effektives und effizientes staatliches Handeln unerlässlich, nicht nur für unternehmerisches. Aber wenn die Finanzverwaltung anders nicht reformierbar ist, dann müssen deutliche Maßnahmen gesetzt werden ....

Was bedeutet das für die anderen Krisenländer? Es ist bekannt, dass reichere Länder in der Regel durch weniger Korruption, ein effektiveres Verwaltungshandeln und ein besseres und unabhängigeres Justizsystem charakterisiert sind. Wie sehen da die Krisenländer im europäischen Vergleich aus?Zum Glück für mich, hat die Weltbank hat ein Projekt,  in dem solche Indikatoren aus verschiedenen Quellen (Umfragen, Experteninschätzungen usw.) zusammengewichtet werden. Interessant ist bei dem Projekt, dass mit Rankings vorsichtig umgegangen wird. Im Unterschied zum Sportergebnissen ist das Ranking auf Basis von Indikatoren mit Unsicherheit behaftet, die mit Konfidenzintervallen messbar gemacht werden können. (Für die Grafiken unten: Wenn sich die Konfidenzintervalle nicht überlappen ist der Unterschied statistisch zu mit 90%iger Wahrscheinlichkeit unterschiedlich)

Die Krisenländer schneiden nicht sehr gut ab, aber es gibt deutliche Unterschiede:
  1. Griechenland und Italien sind im europäischen Vergleich immer im unteren Drittel zu finden. 
  2. Irland ist außer bei der Government effektiveness immer im oberen Drittel zu finden.
  3. Spanien und Portugal sind deutlich im Mittelfeld zu finden.
Und wo ist Österreich? Österreich ist immer im Spitzenfeld, vor Griechenland und Italien, aber nicht immer vor Spanien und Portugal (Korruption). Deutschland ebenso,wie die skandinavischen Länder. Strukturreformen, welche die Leistungsfähigkeit des Staats und des Justizsystems betreffen, haben wahrscheinlich  unterschiedliche Pay-offs für die Länder. Am meisten würden Italien und Griechenland von solchen Reformen profitieren, Spanien weniger.

Ich denke, dass es einmal interessant wäre, Fiskalpolitik unter diesen Gesichtspunkten zu analysieren. Wie schon gesagt, wird in der Entwicklungsökonomie davon ausgegangen, dass es für Entwicklungs- und Schwellenländer tendenziell unmöglich ist antizyklische Fiskalpolitik zu betrieben. Ungünstige Institutionen und ungünstige polit-ökonomische Voraussetzung werden als Begründung genannt  (z.b. aber nicht ganz Menasse). Aber wie ist das mit der Asymmetrie von expansiver und restriktiver Fiskalpolitik in den europäischen Krisenländern?



PS Die Daten sind hier abrufbar. Grafiken und Daten sind frei verfügbar. Hier die drei Indikatoren die ich im Kopf hatte:
  

Control of corruption (13 repräsentative Indikatoren und 27 nicht-repräsentative Indikatoren) captures perceptions of the extent to which public power is exercised for private
gain, including both petty and grand forms of corruption, as well as "capture" of the state by elites and private
interests.


Government effectiveness (12 representative und 24 nicht-repräsenative Indikatoren) captures perceptions of the quality of public services, the quality of the civil service and the degree of its independence from political pressures, the quality of policy formulation and implementation, and the credibility of the government's commitment to such policies. 



Rule of law (37 repräsentative und 36 nichtrepräsentative Indikatoren) captures perceptions of the extent to which agents have confidence in and abide by the rules of society, and in particular the quality of contract enforcement, property rights, the police, and the courts, as well as the likelihood of crime and violence.



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