Freitag, 26. Oktober 2012

Die fiskalische Theorie des Preisniveaus (a bit wonkish)

Normalerweise wird die Stabilisierungspolitik von Makroökonomen als Politik gesehen, in der die Nationalbank die Inflationsrate stabilisiert während die Fiskalpolitik (gegenwärtige und zukünftige Steuern) das Staatsschuldenniveau stabilisiert. Die Staatsverschuldung hat keine Auswirkung auf die Geldpolitik.

Leeper (1991) hat dies als aktive Geld- und passive Fiskalpolitik bezeichnet. Aktiv heisst, dass die Geldpolitik keine keine Rücksicht auf die gegenwärtigen oder vergangenen Variablen (Staatsverschuldung) nehmen muss, die von der passiven wirtschaftspolitischen Einheit (Staat) kontrolliert werden. Eine passive Politik ist dadurch gekennzeichnet, dass die wirtschaftspolitische Einheit in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist und auf die Entscheidung der aktiven Einheit (Geldpolitik) Rücksicht nehmen muss.

Die fiskalische Theorie des Preisniveaus, von Woodford und anderen entwickelt, besagt, dass die Fiskalpolitik aktiv ist und die Geldpolitik passiv. Diese Theorie ist unter Ökonomen stark umstritten. In letzter Instanz sagt diese Theorie, dass die Staatsverschuldung die Inflation beeinflussen kann. Gerade in einer Situation wie der jetzigen, wo der Stabilisierungspolitik der Notenbank durch den "zero lower bound" Grenzen gesetzt sind.

Die grundlegende Idee ist die folgende: Im Gegensatz zur konventionellen Theorie, die besagt, langfristig beeinflusst nur die Geldmenge die Inflation, wird die Budgetbeschränkung nicht als Budgetbeschränkung, sondern als Gleichgewichtsbedingung aufgefasst. Dies kann zur folge haben, dass das Preisniveau auch durch die Staatsverschuldung determiniert wird, auch langfristig. Die Folge einer Verletzung der Budgetbeschränkung ist, dass die Fiskalpolitik aktiv ist und die Geldpolitik passiv. Um die Wirtschaft zu stabilisieren, muss die Zentralbank inflationäre "Überraschungen" generieren um die reale Staatsverschuldung zu reduzieren.

Fiskalische Disziplin, d.h. ein ausgeglichenes Budget über den Konjunkturzyklus (Überschüsse in guten Zeiten, Defizite in schlechten Zeiten) sind notwendig um das Preisniveau stabil zu halten. Defizite brauchen Inflation in der Zukunft. Mit aktiver Fiskalpolitik und passiver Geldpolitik ist Inflation-targeting unmöglich und letztlich aus unglaubwürdig. Inflation-targeting wie es die EZB und die meisten Nationalbanken betrieben benötigt eine aktive Geldpolitik und eine passive Fiskalpolitik.

Die fiskalische Theorie des Preisniveaus ist umstritten. Manche bezeichnen sie als Denkfehler und als inkonsistent. Gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtseffekte sprechen in der Regel gegen eine Monetisierung der Staatsschulden.

Allerdings können Regeln sich ändern. Ein Papier von Danvig und Leeper geht in die Richtung, es wird argumentiert, dass sich die Charakterisierung von Geld- und Fiskalpolitik stochastisch ändern können. Und beide kurzfristig auch gleichzeitig passiv oder aktiv sein können. Dies sollte aber langfristig unmöglich sein.

Die Politik der EZB ist meiner Einschätzung nach aktiv. Ich habe aber das Gefühl, sie möchte um (keinen Preis) den aktiven Part den Staaten übertragen. In einer Währungsunion ist das auch viel problematischer als in einem Bundesstaat, wie der USA ...



3 Kommentare:

  1. Was ist Geld?

    "Die Kaufkraft des Geldes nimmt ab, das Geld entwertet sich, die Waren werden teurer, die Preise steigen (Inflation), wenn die umlaufende Geldmenge im Verhältnis zur Warenmenge vergrößert wird, und wenn das Geld schneller umläuft. Umgekehrt: Die Kaufkraft des Geldes nimmt zu, das Geld wird "besser", die Waren werden billiger, die Preise fallen (Deflation), wenn die umlaufende Geldmenge im Verhältnis zur Warenmenge verkleinert wird, und wenn das Geld langsamer umläuft.
    Kann man aber durch Vermehrung oder Verminderung der umlaufenden Geldmenge die Kaufkraft des Geldes senken oder heben, so muss es auch möglich sein, durch planmäßige Verwaltung des Geldes seine Kaufkraft zu festigen, den Durchschnitt der Warenpreise (den Index) auf gleicher Höhe zu halten (Indexwährung), - vorausgesetzt, dass die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes geregelt ist!
    Gerade an dieser zuletzt genannten Voraussetzung hapert es aber beim Dauergeld (Zinsgeld mit Wertaufbewahrungs(un)funktion). Nehmen wir an, das einzurichtende staatliche Währungsamt, dem die Aufrechterhaltung der Indexwährung obliegt, stellt fest, dass der Index Neigung hat zu steigen. Es wird daher Geld aus dem Verkehr ziehen und umgekehrt, wenn der Index Neigung zeigt zu sinken, wird es zusätzlich Geld in den Verkehr geben. Diese Maßnahmen werden solange wirksam sein, als das Lockmittel des Zinses hoch genug ist, um das Geld umlaufen zu lassen. Sinkt aber bei Vollbetrieb der Wirtschaft die Rentabilität, so wird das Geld immer zögernder investiert werden. Die Geldbesitzer können dieses Geld, das ja keinen Zins mehr bringt, ohne Schaden aus dem Verkehr ziehen, aufhäufen (auf Girokonten liquide halten), unregelmäßig auf den Markt werfen und dadurch die Festwährung stören, woran sie schon deshalb ein Interesse haben, weil sie der Konjunkturschwankungen zur Erlangung der Differenzgewinne (Spekulationsgewinne) bedürfen."

    Otto Valentin (Warum alle bisherige Politik versagen musste)

    Der Zusammenbruch einer Zinsgeld-Ökonomie (zivilisatorisches Mittelalter) erfolgt nach dem Schema: Liquiditätsfalle > Deflation > Hyperinflation. Weil die Zentralbank keinen Einfluss auf die effektive Umlauffrequenz des Geldes hat, kann sie immer nur Währungspfusch betreiben und durch Geldmengenausweitung die Liquiditätsfalle (kollektiver Rückzug der Ersparnisse aus der langfristigen Anlage) hinauszögern, auf Kosten einer Verkürzung der Zeitspanne von der einsetzenden Deflation bis zur anschließenden Hyperinflation, bei der alle auf Geld lautenden Forderungen vernichtet werden.

    Damit das Geld unter allen Umständen sicher umläuft und die Zentralbank überhaupt die Möglichkeit hat, den Geldwert anhand eines repräsentativen Konsumgüter-Preisindex auf unbegrenzte Zeit absolut stabil zu halten, müssen die destruktiven Umlauf"sicherungen" Urzins und schleichende Inflation durch eine konstruktive Geldumlaufsicherung ersetzt werden: Geld

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  2. Ich sehe das anders. Geld hat drei Funktionen: 1. Wertmaßstab (Recheneinheit), 2. Transaktionsmittel (Zahlungsmittel) und 3. Wertaufbewahrungsmittel.

    Als Wertaufbewahrungsmittel kann aber auch Betongold, Gold, Aktien oder Kunstwerke dienen, somit ist diese Funktion für das Geld nicht das definierende Charakteristikum, ausser in einer Hyperdeflation oder einer Hyperinflation. Die vorgelegte Argumentation beruht aber vor allem auf dem Aspekt der Wertaufbewahrungsfunktion.

    Die Illusion in Bezug aufs Geld ist, ist dass Geld Renabilität abwerfen soll. Das stimmt aber nicht. Geld ist liquide und hat eine Verzinsung nur wenn Ersparnisse lange angelegt werden. Beim Tagesgeld ist die reale Verzinsung immer negativ gewesen. Für Liquidität bezahlt man eine Prämie. In der Tat Girokonten haben immer Zinsen die deutlich unter der Inflationsrate liegen. Verzinsungen werden durch Investitionen abgeworfen. Dass diese in Geld ausgedrückt werden hat mit der Funktion von Geld als Recheneinheit zu tun. Alles was monetär bewertet wird, wird in Geld bewertet. Vermögen wird in Geld gemessen, ist aber nicht Geld.

    Es sind darüberhinaus viele Wirtschaften auf Basis realer Faktoren zusammengebrochen.

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  3. "...somit ist diese Funktion für das Geld nicht das definierende Charakteristikum,..."

    Korrekt: Die Wertaufbewahrungs(un)funktion sollte nicht eines der definierenden Charakteristika des Geldes sein, was sie aber (noch) ist:

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2012/07/der-zins-mythos-und-wahrheit.html

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