Dienstag, 18. September 2012

ja die mysterien der Geldpolitik

Die Geldpolitik ist ein wirkungsvolles Instrument zur kurzfristigen Stabilisierung von Konjunkturzyklen. In der amerikanischen Diskussion stehen eigentlich konservative Market-Monetarists (vgl. Scott Sumner) für eine expansive Geldpolitik und kritisieren die Federal Reserve, dass sie bisher zuwenig getan habe um die Krise zu bekämpfen. Dabei berufen sie sich auf Milton Friedman, der die Weltwirtschaftskrise auf ein wirtschaftspolitisches Versagen der Geldpolitik (zu restriktiv) zurückführte.

Wie sieht das in Österreich aus. Von Market Monetarists ist wenig zu sehen. Auch ich bin keiner. Aber in den Zeitungen überbieten sich Beiträge, die Geldpolitik mißverstehen. Zunächst interpretiert Andreas Schnauder, die geldpolitischen Interventionen als eine Finanzspritze für das Finanzkapital. Während das für einfachere Gemüter eine plausible Interpretation ist, sollte man doch von einem hauptberuflichen Wirtschaftsjournalisten etwas mehr als reine Umverteilungsdiskussion erwarten. Wenn es nur drum gehen würde, das Finanzkapital zu schützen, wären viele jener die jetzt Maßnahmen der EZB befürworten, gegen diese Maßnahmen. Ich meine z.B. Stephan Schulmeister im aktuellen Falter (keine online Version gefunden). Warum? Weil die Auswirkungen einer restriktiven Geldpolitik und eines Auseinanderbrechens der Eurozone noch viel schlimmer wären. Was hilft mir zu wissen, dass das Finanzkapital einen Schnitt bekommen hat, wenn ich keinen Job mehr habe? Für Österreich wird bei einem Auseinanderfallen der Eurozone eine Verdoppelung der Arbeitslosen erwartet, bei weiterhin lockerer Geldpolitik in der Eurozone ... Diese Zahlen sind nicht sicher. Aber wenn dies mit 50%iger Wahrscheinlichkeit eintritt dann ist das Grund genug einmal nachzudenken und nicht nur an Umverteilung zu denken. Denn ein Anstieg der Arbeitslosigkeit führt auch zu Umverteilung und das eher nicht beim Finanzkapital.


Die Presse beschreibt in Inflation als Preis für die Eurorettung Szenarien, die bekanntere Ökonomen bereits vor einiger Zeit gefordert haben. Allerdings missverstehen sie immer noch den Zusammenhang. Derzeit versucht die EZB die Spreads ein bisschen zu stabilisieren und ersetzt mit ihrer Politik den Interbankenmarkt. Von einem Willen Inflation zu generieren kann bei der EZB derzeit nicht wirklich gesprochen werden. Dass mittlerweile Stimmen in Deutschland erkennen, dass die billigste Variante den Euro zu retten über Inflation läuft, ist begrüßenswert. Strukturelle Anpassungen dauern Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Interne Abwertungen und exzessives Sparen gehen in der Regel schlechter aus als Inflationsepisoden. Griechenland über die Arbeitskosten wettbewerbsfähig zu machen wird nicht gelingen. Der Beitrag in der Presse zeigt auch aber auch, dass die Journalisten dort nicht verstehen, wie Inflation gemessen werden soll:




Viele Experten meinen freilich, dass die offiziellen Inflationsraten manipuliert und damit viel zu niedrig sind. Durch kreative Warenkorbgestaltung und hedonische Berechnungsweisen (dabei werden Produktverbesserungen als preismindernd gewertet) gäben die offiziellen Werte ein verfälschtes Bild wieder.
Dass das nicht von der Hand zu weisen ist, zeigen von der Statistik Austria erhobene Teilindizes wie der „Wocheneinkauf“, die die typischen Wochenausgaben (Lebensmittel, Treibstoff, Freizeitausgaben etc.) enthalten. Hier ist die Teuerung viel höher als im Verbraucherpreisindex. Im August lag die Teuerungsrate im Wocheneinkauf bei 4,1 Prozent. Setzt man diesen Wert als realistisch für Durchschnittsfamilie an, dann wären Sparer bei den aktuellen Sparzinsen einer „finanziellen Repression“ von zwei bis drei Prozent ausgesetzt.
Das klingt harmlos, ist es aber nicht: Ein Guthaben, das einer dreiprozentigen Entwertung unterliegt, macht aus tausend Euro in fünf Jahren kaufkraftmäßig 862 und in zehn Jahren 744 Euro. Zieht die Inflation an und steigt dieser Wert auf beispielsweise sechs Prozent, dann würde die Kaufkraft eines Tausenders in fünf Jahren auf 747 und in zehn Jahren auf 558 Euro sinken. 

Welche  Experten, die bereits einschlägig in Fachzeitschriften publiziert haben? Ich kenne keine. Die Kontroverse in den USA hat sich wissenschaftlich aufgelöst. Dabei ging es aber eher um eine Überschätzung der Inflation. Es gibt keine Notwendigkeit, die Methoden zu ändern. Dass sich die Teuerung zwischen Gütern unterschiedlich entwickelt sollte nicht verwundern. Die Kosten österreichische Dienstleistungen steigen mit den Lohnerhöhungen österreichischer Arbeitnehmer, verändern sich mit dem Aufschlag den Unternehmer verlangen können und fallen mit den Produktivitätssteigerungen. Der billigste Herd kostet 500 Euro aber die Wartungskosten einen Schalter zu wechseln um die 100 Euro. Der Verbraucherindex misst die durchschnittliche Teuerung eines Güterbündels, welches approximativ den Jahresausgaben eines repräsentativen Haushalts entsprechen soll. Dass die Teuerungsrate für Wochenausgaben nicht jener von Jahresausgaben entspricht sollte klar sein. 

Interessanterweise denkt die Presse bei der Inflation nur ans einzelwirtschaftliche Sparen. Nicht ans gesamtwirtschaftliche und nicht an wirtschaftlichen Reichtum. Der gesamtwirtschaftliche Reichtum misst sich aber in der Fähigkeit Einkommen zu erzielen, d.h. der Produktion von Gütern und Dienstleistungen. Im BIP werden  daher die Zinsen aber nicht das Guthaben berücksichtigt. Geld über die Zeit zu transferieren ist schwierig. Am besten man investiert sein Geld in Unternehmen, deren realer Wert im Zeitablauf zunimmt. Dann kann man auch seinen Beitrag dazu leisten, dass das österreichische BIP steigen kann. Eine europäische Geldpolitik kann es sich nicht leisten nur auf den (österreichischen) Sparer Rücksicht zu nehmen, der (spanische) Arbeiter und der (deutsche) Unternehmer ist von der europäischen Geldpolitik auch betroffen. Im Schweizer Kontext meint Rudolf Strahm, dass eine allein an interner Geldwertstabilität orientierte Sichtweise nicht im Interesse von Schweizer Unternehmern sein kann, die international agieren und im Wettberb mit deutschen, japanischen und englischen  (aber eher nicht griechischen) Unternehmern stehen. Geldwertstabilität ist sehr wichtig, ohne Zweifel, aber nicht alles. 

Dass die geldpolitische Strategie der EZB mit Risiken verbunden ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings ist die Schlussfolgerung die in der Presse gezogen wird, dass die jetzigen Handlungen der EZB zu Inflation führen müssen nicht stichhaltig. Ein Teil der Aufkäufe werden von der EZB sterilisiert, ein Teil nicht um eher weniger funktionierenden Interbankenmarkt zu stützen. 

Um eine deutliche Inflation in der jetzigen Situation zu erzeugen müsste die EZB ihr Inflationsziel verändern. Noch sind die Handlungen der EZB und der Federal Reserve für die Märkte glaubwürdig. Kaum ein Marktteilnehmer glaubt wirklich daran, dass die Deutsche Bundesbank oder die EZB eine heimliche Inflation durch die Hintertür zulassen würden. Es könnte zwar passieren. Wenn die EZB ihr Inflationsziel glaubwürdig auf 5% setzen würde, könnte sie dies billiger und schneller realisieren. Die Geldpolitik lebt von Erwartungen. Dann würden sich die kurz- und langfristigen Inflationserwartungen der Märkte innerhalb kurzer Zeit auf dieses Niveau einpendeln. Davon sind wir noch weit entfernt, wenn wir überhaupt dahin kommen würden. Dies würde implizit dem NGDP-Targeting der Market Monetarists entsprechen. Womit wir wieder am Beginn des Beitrags wären. 

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