Notizen und Gedanksplitter aus der Welt der Ökonomie und den Tiefen der Wirtschaftspolitik. Irrelevant, möchtegern-rigoros und kaffeehauskompatibel.
Freitag, 23. Dezember 2011
Inflation: Esoterik zu weihnachten
Frei nach Mieses unterhält er die Leser mit der These, dass Preissteigerungerungen nur die Folge von Inflation seien. Inflare ist die Geldmenge zu erhöhen, was die Zentralbanken angeblich seit 2008 tun und Preissteigerungen sind die Folge davon. Etwas mystisch dieser Zugang. Vor allem kann ich nicht feststellen welche Geldmenge Nikolas Jilch dabei meint - M0, M1, M2 oder M3?
Darüberhinaus ist für einen tatsachenorientierten Ökonom relevanter ob die Geldmenge mit der Inflation überhaupt zusammenhängt. Nun man glaubt es kaum, aber da bleibt wenig über. Für die meisten Länder gilt, dass zwischen Geldmenge und Inflation kaum ein Zusammenhang besteht: Zur Inflationsprognose taugt die Expansion der Gelmenge wenig, wie Stock und Watson schreiben:
Mittwoch, 7. Dezember 2011
Szenarien zum Ende der Zone II: Bonds oder Warum wir noch länger warten werden.
Nur bei einem gut abgewickelten Austritt von Ländern, wobei zum einen der Euro weiter existiert und deren Abwicklung der Staatsschulden vertraglich abgesichert wird, gibt es sicherheiten. In der Regel gilt das Prinzip der Währungshoheit ("Lex Monetae").
Dieses Prinzip ist ein Prinzip des internationalen Rechts, es bestimmt, dass keine Vertragspartei bei einer Währungsreform eines Landes die Vertragszahlungen/forderungen einstellen kann. Die Beträge im Vertrag werden in die neue Landeswährung zum offiziell spezifizierten Umrechnungskurs umgewandelt.
Dies gilt natürlich auch für Staatsschulden, ausser es ist im Vertrag anders vereinbart. Die folgende Übersicht von Nomura zeigt die Komplexität:
Die meisten der Staatsanleihen werden durch nationale Gesetze bestimmt, d.h. eine Umwandlung von Euro in Lire würde automatisch zu einer Umwandlung der Staatsschuld in Lire zum offizell festgesetzen Referenzwechselkurs Euro/Lire der Italienischen Nationalbank führen. Einige wenige Bonds würden durch andere Gesetze geregelt. FT-Alphaville meint, dass selbst das nicht eindeutig sei:
Wenn die Staaten aber nicht Irlands Fehler machen und die privaten Anleihenbesitzer von einem Haircut ausschließen (der Austritt aus der Eurozone ist ein letzter, wirklich letzter Schritt), dann wird das aber deutlich chaotischer. Denn die Souveränität des Landes lässt auch bei einem Gerichtsurteil den Freiraum, einen Haircut durchzusetzen. Bis ein gültiges Urteil in New York oder London gegen Athen oder Rom durchgesetzt werden kann, können Jahre wenn nicht erfolglos Jahrzehnte vergehen (oder bis zur Verjährung?).What side a court in the UK ultimately lands on is also likely to hinge on what the intent of the parties to the contract was. Did they mean to follow the lex monetae principle of the eurozone members or of the individual sovereign? This is a point put rather elegantly in an article by Charles Proctor, over a year ago:
It hardly needs to be stated that parties contracting in euro will not have given any thought to this issue which, to say the least, exists at a certain level of abstraction. The intention of the parties will therefore have to be inferred from the terms of the contract and the surrounding circumstances, and will inevitably depend on the weight of factors connecting the contract with Greece. This formulation may well be legally accurate but it is of rather limited practical value.
We can see how proving intent may indeed be rather hard if the thing you are meant to have had intentions about never even occurred to you.
And even if a case is won in the English courts, declaring that a euro-denominated Greek bond cannot be converted to drachma, that could just be the beginning of a long legal journey. Attempting to enforce the judgement and pursue a claim will itself come with a host of challenges.
Das Haircutrisiko ist deutlich größer als das Währungsrisiko. Denn wenn ein Land aus der Eurozone ausscheidet, kann es auch gleich einen Haircut machen. Aber auch schon das Währungsrisiko allein könnte für eine nationale/internationale Bankenkrise sorgen, wenn Banken zuviel Staatsanleihen besitzen. Das ist mit ein Grund, warum die Spreads gestiegen sind, aber auch dafür, warum wir keinen schnellen Untergang der Eurozone sehen werden.
Ohne dem Risiko einer möglicherweise unbewältigbaren Bankenkrise und negativen Feedbackeffekten, hätten wir schon Eurozonenaustritte gesehen. UBS (via FT Alphaville) schätzt die negativen Effekte für schwache und starke Länder folgendermaßen ein:
Staatsbankrott, massive Erhöhung der Unternehmensinsolvenzen, Notwendigkeit zur Bankenrekapitalisierung, Bankenzusammenbrüche, Zusammenbruch des internationalen Handels, Kapitalkontrollen, Risiko von Hyperinflation, massive Steuererhöhungen und Wahrscheinlichkeit eines Staatsstreichs sind keine attraktiven Aussichten.
Noch dazu sind die Wahrscheinlichkeiten sind nicht unabhängig: Der Staatsbankrott führt zu Bankenzusammenbrüchen, diese zu einer Kreditklemme und in der Folge zu Unternehmensinsolvenzen. Die dann notwendige Antwort mit der Geldpresse führt zur Inflation.
Da ist es doch besser dabei zu bleiben und zu hoffen dass der griechische Teufelskreis
Angst vor Euroaustritt --> Angst vor Stabilität des Bankensystems in Griechenland --> Abzug von Einlagen --> Verschärfung der Rezession --> Angst vor Euroaustritt --> ...gebrochen wird. Nur dazu sind wahrscheinlich nur solche Lösungen in der Lage, die in Deutschland und Österreich mehrheitlichabgelehnt werden (auch Ökonomie-Beobachter). Ein mehr an unbedingter Fiskalunion, verbunden mit mehr geldpolitischen Anstrengungen der EZB.
Szenarien zum Ende der Zone I: Währungen
we want to stress up-front that these estimates are unlikely to be particularly precise. They are intended to give a sense of potential magnitudes involved over a 5-year forward time frame, after which we believe temporary transition effects should be smaller.
Österreich hat demzufolge eine kleines Abwertungsrisiko von ca. 7%, Italien von 30% und Griechenland von 60%. Die Punkte hinter dem Komma machen eh keinen Sinn und ich hätte gern die Konfidenzintervalle dazu gesehen, könnte mir vorstellen, dass die zumindest für einige Länder ziemlich groß sein würden. Diese Werte würde zu einem kleineren Erdbeben im innereuropäischen Handel führen aber mit Sicherheit nicht die ökonomischen Kosten des Zusammenbruchs der Eurozone beinhalten. Dies würde zu einer Renationalisierung der Aussenhandelspolitik führen, denn wechselseitige Vorwürfe der Währungsmanipulation würde eine gemeinsame Aussenwirtschaftsstrategie untergraben. Damit hätten vor allem die kleineren Länder im Welthandel kaum mehr etwas zu melden.
Beim Warenhandel wären die südeuropäischen Länder wettbewerbsfähiger, aber auch in dem Sinn, dass sie sich teure europäische Maschinen nicht mehr leisten können. Dies würde dzu einem Rückgang der Nachfrage nach deutschen und damit auch österreichischen Produkten führen. Deutlich wird es beim Tourismus. Mit Italien (-30%), Spanien (-35%), Portugal (-50%) und Griechenland (-60%) würden die Kosten für Urlaub in Österreich relativ zu diesen Wettbewerben deutlich steigen, selbst wenn Österreich abwertete. Und auch die Österreicher würden eher Urlaub im Ausland als im Inland machen.
Freitag, 2. Dezember 2011
Inflationserwartungen
Jedenfalls denkt der Markt anders. Der Markt ist nicht das was Zeitungen schreiben. Marktbasierte Inflationserwartungen können über die Differenz zwischen der Rendite gewöhnlicher Staatspapiere und inflationsindizierter Staatspapiere mit gleiche Laufzeit festgestellt werden. Die Inflationsindizierung erfolgt über den Verbraucherpreisindex.
Weil eine Anleihe inflationsgeschützt ist, die andere nicht, entspricht die Differenz (auch Breakeven genannt) einer impliziten Inflationserwartung der Investoren über dem Zeitraum. Arbitrage und Spekulation sollte zu (in jedem Zeitpunkt) relativ guten Erwartungen führen. Mehr auf in diesem EZB Arbeitspapier.
Also wo stehen die Inflationserwartungen für die Eurozone. Als Referenz nehmen wir die deutschen Staatsanleihen, die oft dazu verwendet werden (vgl. 1,2,3,4). Die Inflationserwartungen für in 5 Jahren stehen auf 1.15%, jene für 7 Jahr auf 1.50% und jene für in 10 Jahren auf 1,65%.
Schlussfolgerung: Geldpolitisch ist die Politik der EZB derzeit weit von einer Geldschwemme entfernt. Selbst gemessen am 2% Ziel (welches derzeit vielleicht schon als zu restriktiv eingeschätzt werden kann) ist die Geldpolitik in Europa restriktiv. Die Inflationserwartungen sind deutlich unter 2% verankert.