Sonntag, 27. November 2011

Der "long run" der eurozone

Genau wie ich mag Kantoos Karl Smiths Antwort. Allerdings ist er nicht ganz begeistert, denn er schreibt:
Except, it is not quite true unless you make the important assumption that Italy will have a primary surplus in the future. Who knows that? The cruelty of a currency union is rather obvious, and Italy will struggle, much as Germany did. What is more, the ECB intervention would work against the effort to reform the country and regain competitiveness.
Das klingt ganz gut. Sehr deutsch oder österreichisch würde ich sagen. Aber nur eine EZB Intervention jetzt kann das Fundament dazu leisten. Bei der Fortsetzung des Trends der italienischen Zinsen ist ein Default und Austritt aus der Eurozone die einzige Möglichkeit für Italien seine "Wettbewerbsfähigkeit" zu stärken. Ist jetzt noch Zeit für langfristige Überlegungen oder sind wir schon in jenem "short run" in dem die Eurozone im "long run" tot ist, wenn wir noch länger über die langfristigen Wirkungen nachdenken?

Hier macht auch die Anmerkung von Nick Rowe Sinn:
Are Eurozone governments, on average, any riskier than Eurozone banks, on average? If any significant fraction of the governments go bust, a much bigger fraction of the banks will go bust too, I think. So does it make sense for the ECB to lend to banks at 1.25%, on loans collateralised by government bonds, even with a haircut, and not lend to the governments at anything like those terms?
Und weil es so gut passt:
We cannot, by international action, make the horses drink. That is their domestic affair. But we can provide them with water.
Eine koordinierte Sparpolitik in den südeuropäischen Ländern führt derzeit nur zur Gefahr, dass die Reduktion der Staatsschulden durch die Reduktion des BIP (Stichwort Paradox of Thrift) konterkarriert wird. Strukturreformen, die auf die Wettbewerbsfähigkeit wirken sollen brauchen Zeit und in der Regel auch Geld, sollen sie nachhaltig sein und nicht nur aus Deregulierungen und Privatisierungen bestehen. Selbst eine Verbesserung der Lohnstückkosten in der Sachgütererzeugung, wo das exportorientierte Konzept der Wettbewerbsfähigkeit oft festgemacht wird, muss nicht zu einer Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten führen, wenn dies durch die Reduktion des Gewichts der Sachgütererzeugung in der Gesamtwirtschaft erkauft wird. Eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit mit Anstieg der Arbeitslosigkeit in Italien kann Kantoos nicht im Kopf haben. Die Wettbewerbsfähigkeit kommt nicht vom Lohnniveau sondern von der Möglichkeit hohe Löhne zahlen zu können (monetär gemessene Produktivität). Im Vergleich zu dem was Südeuropa vor sich hat, waren die Wettbewerbsnachteile Deutschlands "Peanuts". Deutschland hatte eine geeignete Struktur. Das deutsche Strukturproblem war im wesentlichen der Osten nicht die Wirtschaftsstruktur als solche.

Wenn es so ist scheint es nur zwei Alternativen zu gegen:

1. Austritt der nicht wettbewerbsfähigen Länder aus der Eurozone. Zusammenbruch des gemeinsamen Markts wegen strategischer Unter- und Überbewertung von Währungen. Abwertung der südeuropäischen Währungen, massive Aufwertung der Währungen des neuen D-Mark Blocks. Kollateralschaden ist aller Wahrscheinlichkeit eine massive Bankenkrise mit weltweiten Auswirkungen.

2. Kurzfristige makroökonomische Stabilisierung aller Länder der Eurozone. Nach erfolgter Stabilisierung Etablierung von Mechanismen die den Ausgleich von Ungleichgewichten in der Eurozone regulieren. Das geht nur mit Umverteilung. Eine Reduktion der Finanzierungskosten für die Peripherie (mit "realistischen" Konditionen ) ist Vorbedingung. Später werden "konditionale Transfers" in der einen oder anderen Form gebraucht. Die Verlieren wollen kompensiert werden.

Eine Schwierigkeit besteht auch darin, ob wir wirklich wissen welche Strukturreformen positive Wirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit haben. Ich denke, da wissen wir nicht so viel, wie wir vorgeben zu wissen. Denn neben den Reformen spielt auch die Wirtschaftsstruktur eine wichtige Rolle. Ein vernünftiges makroökonomisches Modell mit mehr als drei Sektoren hätte ich bis jetzt aber nicht gesehen.

Wenn man die Eurozone beibehalten will, dann muss sichergestellt werden, dass der Nutzen dabei zu sein, die Kosten der Aufgabe der eigenen Währung übersteigt. Bei steigenden Zinsen bin ich mir da für Italien, Spanien, Griechenland und Portugal nicht mehr sicher, insbesondere wenn sie sich dann so oder anders auf Staatsbankrott und Bankenkrise vorbereiten müssen und kein Geld für Strukturreformen haben. Beim Austritt dieser Länder verändern sich auch die Anreize für Frankreich dabei zu bleiben. In diesem Sinne sollte sich jetzt das primäre Interesse des deutschen Steuerzahlers weniger auf die kurzfristigen primären Überschüsse in Italien konzentrieren. Die möglichen Kosten einer massiven Korrektur des nominalen BIP in der Peripherie sollten ein bisschen mehr Aufmerksamkeit erhalten.

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