Freitag, 10. April 2009

Deregulierung, Humankapital und Entlohnung im Finanzsektor

Paul Krugman schrieb in der Post The financial factor über ein Working Paper von Philippon and Reshef, die Entlohnung im amerikanischen Finanzsektor von ca. 1910 bis 2005 untersuchen.
Leider ist das Working Paper nicht öffentlich zugänglich. Ich habe mir eine Kopie besorgt.
Krugman postet folgende Abbildung aus dem Working Paper, wo Deregulierung (höhere Werte = mehr Deregulierung) mit der relativen Entlohnung im Finanzsektor zu dem Rest der Volkswirtschaft in Verbindung gesetzt wird.
Krugman schreibt:
OK, correlation does not imply causation yada yada. The move to regulate in the 1930s was part of a broader crackdown on rampant capitalism, and the deregulation since 1980s was similarly part of a broader phenomenon. But it’s a good bet that finance is a key part of the story of how we got to where we are.
Doch in dem Papier sind noch weitere interessante Grafiken, die nahelegen, dass boring banking billiger ist als das Design komplexer Finanzprodukte und "kreative Finanzwirtschaft". Folgende Grafik zeigt, dass zumindest ein Teil des relativen Anstiegs der Durchschnittsentlohnung im Finanzsektor auf die Qualifikation der ArbeitnehmerInnen zurückzuführen ist. Man bemerke, dass deregulierte Finanzmärkte ein weit höheres durchschnittliches Qualifikationsniveau haben als reguliertes boring banking.
Das zeigt sich wiederum in folgender Grafik. Während das Volumen and Arbeitskräften relativ konstant blieb hat sich die Entlohnung in "other Finance" völlig unterschiedlich von der Kreditvergabe (boring banking) und der gewöhnlichen Versicherungsbranche entwickelt.

Waren diese Beschäftigten überbezahlt? Schwierig zu beantworten, da die Wissenschaft noch nicht so weit ist eine optimale Entlohnung zu bestimmen. Daher verwenden Philippon und Reshef folgenden Vergleich:
We consider the following, simpler question: is the financial sector in a sustainable
labor market equilibrium? Or, equivalently: are financiers overpaid relative to other
employees with similar characteristics?
Ihr Ergebnis lautet ja. Folgende Grafik fasst es zusammen. Das heisst Renten, die nicht auf Humankapital zurückführbar sind, erklären 30% - 50% des Unterschieds zwischen der Entlohnung im Finanzsektor und anderer Wirtschaftsbereiche.


Pilippon und Reshef schliesen ihr Papier mit dem Hinweis, dass ihre Ergebnisse zwei wichtige Implikationen für die Finanzregulierung hat. Erstens wird eine verstärkte Regulierung langfristig zu einem Abfluss von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Finanzsektor führen. In anderen Sektoren können diese Arbeitskräfte dann mehr verdienen könnten. Ob dies gut oder schlecht ist hängt davon ab ob in welchen Sektoren qualifizierte Arbeitskräfte mehr gesellschaftliche Erträge abwerfen. Zweitens legt die Analyse nahe, dass Regulierungsinstitutionen nicht annährend mit dem Finanzsektor um qualifiziertes Humankapital im Wettbewerb stehen konnten. Da die Regulierungsinstitutionen ihre hochqualifizierten Mitarbeiter - aus finanziellen Gründen - nicht halten konnten waren sie immer im Hintertreffen. Dies kann mit ein Grund für Fehler in der Finanzmarktregulierung gewesen sein. In ihren eigenen Worten:
Our research has two important implications for financial regulation. First, tighter regulation is likely to lead to an outflow of human capital out of the financial industry. Whether this is desirable or not depends on one’s view regarding economic externalities. Baumol (1990), Murphy, Shleifer, and Vishny (1991) and Philippon (2007) argue that the flow of talented individuals into law and financial services might not be entirely desirable, because social returns might be higher in other occupations, even though private returns are not. Our results quantify the rents earned by employees in the financial industry in the late 1990s and early 2000s. These rents explain the large flow of talent into the financial sector. At this stage, however, we cannot assess whether the inflow was too large from a social perspective.
Our results have another important implication for regulation. Following the crisis of
1930-1933 and 2007-2008, regulators have been blamed for lax oversight.45 In retrospect, it is clear that regulators did not have the human capital to keep up with the financial industry, and to understand it well enough to be able to exert effective regulation. Given the wage premia that we document, it was impossible for regulators to attract and retain highly-skilled financial workers, because they could not compete with private sector wages. Our approach therefore provides an explanation for regulatory failures.
Auf deutsch: wenn man die Leute von der Finanzmarktaufsichtbehörden so bezahlt wie Beamte darf man sich über Regulierungsversagen nicht wundern.

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