Andreas Schnauder möchte darin den Vorwürfen Bofingers und Krugmans entgegentreten, dass Europa zu wenig unternehme. Andreas Schnauder schreibt:
Auch wenn es plastisch klingen mag, dass die Vereinigten Staaten 5,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in die Belebung ihrer Wirtschaft pumpen, Europa hingegen nur 3,3 bis vier Prozent mobilisiert: Derartige Vergleiche hinken nicht nur, sie weisen auch in eine falsche Richtung. Denn der Wettlauf um den größeren Stimulus schürt die Angst vor dem Staatskollaps und somit die Vertrauenskrise - und bewirkt somit genau das Gegenteil des eigentlichen Ziels.Selbst wenn ein geringer Multiplikatoreffekt (1,1 oder gar 1,0) angenommen wird, federt sinnvolle Fiskalpolitik - zugegebenermaßen etwas was ich von dieser österreichischen Regierung nicht erwarten würde - den Rückgang der Wirtschaftsleistung ab. Sogar relativ unsinnge. Erhöht somit auch temporär Staatseinnahmen. Auch ohne explizite Fiskalpolitik gehen die Staatsausgaben wegen der automatischen Stabilisatoren in die Höhe: Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und weitere wohlfahrtsstaatliche Einrichtungen gemeinsam mit einem Rückgang an Steuereinnahmen sorgen dafür dass eine tiefe Rezession tiefe Spuren im Budget hinterlässt.
Wenn es nach mir ginge, könnten ja zusätzlich zu zeitlich befristeten Ausgaben unproduktive Staatsausgaben - da fällt mir die Presseförderung und einiges andere an Förderungen und Subventionen ein - in ein Stimuluspaket umzulenken. Im Aufschwung wird das Stimuluspaket gekappt um die Staatsverschuldung zu reduzieren und gleichzeitig hätte man eine Budgetkürzung. Warum nicht?
Derzeit fällt es den Kritikern leicht, neben den EU-Regierungen die Europäische Zentralbank zu tadeln, die sich beständig gegen das Einschalten der Notenpresse wehrt. Doch ist es wirk- lich der Weisheit letzter Schluss, wenn die US-Notenbank eine weitere Billion in Ramschpapiere und Staatsanleihen pumpt und damit eine Spirale an Währungs- und letztlich Geldentwertung auslöst? Auch wenn Maßnahmen zur Krisenbekämpfung rasch erfolgen müssen - mit Panikreaktionen ist niemandem gedient.Also soweit ich das überblicke von M0 bis M2 schaut die Geldpolitik der EZB ja nicht wirklich anders als expansiv aus. In Europa zwar der Richtwertzins auf 1.5 % aber wie Buiter argumentiert hat die EZB soviel Liquidität in den Markt gebracht, dass der kurzfristige Interbankenzinssatz bei ca. 0,5 % liegt. Damit sind die effektiven Zinssätze viel weniger unterschiedlich als die offiziellen Referenzzinssätze andeuten. Und überdies ist die relevante Identität für die Geldpolitik:
Geldmenge x Umlaufgeschwindigkeit = Preisnveau x reales BIPDas ist noch keine Quantitätstheorie. Solange die Umlaufgeschwindigkeit viel niedriger als normal ist, wovon man derzeit ausgehen kann , ist eine Geldmengenerhöhung nicht problematisch für das Preisniveau. Problematisch wird es wenn die Umlaufgeschwindigkeit steigt und die Nationalbanken das Geld nicht rechtzeitig rausbekommen, dann steigt die Inflation. Aber die wird auch ohne diese Geschichte steigen, weil im Aufschwung die Rohstoffpreise wieder anziehen werden. Aber es ist illusorisch zu glauben, dass dies eine Hyperinflation oder so etwas zur Folge haben wird, darauf werden die Nationalbanken vorbereitet sein. Und eine Inflationsrate von 6 % über ein, zwei Jahre ist keine Katastrophe, wenn man danach wieder auf ein Niveau von ca. 2 % zurückkehrt.
Aber jetzt zu den wirklichen Unverständlichkeiten:
Gemeinsam mit dem ambitionierten Vorhaben zur neuen Finanzmarktkontrolle kommen vom EU-Gipfel zwar keine spektakulären, aber - was viel wichtiger ist - solide Ansagen.Das was man hört ist wie Kaffeeobers, wenn man ein viergängiges Menü brauchen würden.
Die größte Gefahr - so lehrt die Geschichte - droht nämlich von falschen Maßnahmen.Nichts tun ist aber auch eine Maßnahme. Von Protektionismus und Wechselkursmanipulation spricht jetzt keiner, sondern von Geld- und Fiskalpolitik. Ich hätte bisher von keinem der Experten (z.B. Eichengreen) für die große Weltwirtschaftskrise gehört, dass fiskalpolitische Maßnahmen oder eine lockere Geldpolitik gefährlich seien. Sogar für Friedman waren im Falle der großen Wirtschaftskrise fiskalpolitische Maßnahmen sinnvoll. Dass der New Deal nicht zur Erholung in den USA beigetragen hat, hört man eigenlich nur von Historiker und Ökonomen, die keine Experten für die große Depression sind, oder von solchen die Modelle verwenden, bei denen sie wichtige Elemente des New Deals nicht quantifizieren können.
Aber wie immer bei Journalisten, das beste am Ende:
Die Krise hat den Regierungen die Augen geöffnet. Als Feuerwehr, nach der Experte Bofinger schreit, dienen die EU-Maßnahmen wegen ihres langfristigen Charakters tatsächlich nicht. Doch Löschaktionen kämen jetzt ohnehin zu spät, die tiefe Rezession ist unvermeidlich. Jetzt muss sich Europa mit aller Kraft um den Wiederaufbau kümmern.
Ich sehe keine offenen Augen, da sehe eher noch eine kleine Feuerwehr in Euroland. Nicht auf der EU-Ebene aber EU-weit koordiniert auf nationaler Ebene. Die EU hat nach den Verträgen keine fiskalpolitische Authorität sondern nur regulatorische Authorität.
Überdies haben Löschaktionen oft auch den Sinn, das Übergreifen von Feuer auf bisher unbeschadete Gebäude zu verhindern. Die Frage ist nicht mehr - da hat Schnauder recht - ob die Rezession kommt oder nicht. Die Frage wie tief sie wird ist immer noch aktuell. Der Rückgang der Industrieproduktion im Jänner beläuft sich in der Eurozone auf ca. 18 %. Selbst wenn sich das Schrumpfen einbremst. Wir sehen noch wenig Licht am Ende des Tunnels. Sich auf den Wiederaufbau konzentrieren sollte man erst dann, wenn das Feuer gelöscht ist. Bisher waren alle Prognosen eher zu optimistisch.
Mir schaudert vor der Vorstellung, dass die USA wieder einen Aufschwung hinbekommen, während die EU nur die importierte Inflation bekommt ohne Aufschwung. Allerdings ist dieses Szenario realistisch, denn der Europäische Osten, Spanien und Irland sind nur für Europa ein Problem, nicht für die USA oder China.
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