Wenn von den Kurstafeln das Blut trieft, Millionen von Arbeitnehmern rund um den Globus auf die Straße gesetzt werden und mit den Banken die Leuchttürme des Kapitalismus vor der Verstaatlichung stehen, ist die Stunde der apokalyptischen Propheten gekommen. Wie etwa jene der Herren Ahmadinejad, Chávez und Morales, die in der Vorwoche das Ende der Marktwirtschaft vorausgesagt haben.
Sind Ahmadinejad, Chávez und Morales Ökonomen oder Politiker? Mr. Doom Roubini wäre ein Ökonom der die Krise prognostiziert hat. Stefan Schulmeister in Österreich hat auch seit Jahrzehnten eine Krise prognostiziert. Aber die Marktwirtschaft abschaffen will von denen keiner.
Die drei Freunde der totalitären Staatsführung treffen mit ihrer Prognose ziemlich genau den Mainstream der akademisch gebildeten Eliten des Westens. Kaum ein Tag, an dem nicht ein honoriger Professor den Staat aufforderte, noch stärker in die Wirtschaft einzugreifen, um sie wieder flottzukriegen.
John Maynard Keynes lässt grüßen. Seine Schlussfolgerungen aus der Großen Depression scheinen den einzigen Ausweg aus der Krise zu weisen. Ähnlich wie in den 30er-Jahren stecken wir laut Ökonomen auch heute wieder in einer „Liquiditätsfalle“: Wenn bei einem Zinssatz von null Prozent niemand mehr investiert und konsumiert, versagt die Geldpolitik und die Staaten haben über konzertierte Ausgabenprogramme die Wirtschaft anzukurbeln.
Keynes als Totengräber der Marktwirtschaft zu stilisieren, dies benötigt viel journalistische Freiheit oder zuviel Lektüre verquerten amerikanischer Neo-Austrians-Esoterik. Herr Keynes war alles nur kein Sozialist. Wie WEISSGARNIX es anbringt: "Hätte" Schellhorn "die General Theory tatsächlich gelesen, dann hätte er wissen können, dass der Lord seine Überzeugungen aus einem knallharten ökonomischen Kalkül herleitete, und nicht aus einer wie immer gearteten, proto-wohlfahrtsstaatlichen Sozialromantik." Vielleicht sind es einige seiner religiösen Jünger von heute - einige der sogenannten Postkeynesianer.
Elchtest gescheitert. Klingt plausibel, scheint aber nicht recht zu funktionieren. Seit Monaten werden Milliarden in die Wirtschaft gepumpt, es wird verstaatlicht, was das Zeug hält – von einer breiten Entspannung ist aber nicht viel zu sehen.
Wo sind die Fakten? Franz Schellhorn scheint in einer mir nicht bekannten welt zu leben. Wo sind in den letzten Monaten die Milliarden geflossen? Sie wurden vielleicht beschlossen, haben ihren Weg aber noch in die Wirtschaft noch nicht gefunden. Oder wirkt Fiskalpolitik plötzlich allein durch Ankündigung? Die österreichischen Steuerkürzungen werden frühestens Mitte oder realistische Ende dieses Jahres ankommen. Die Fiskalpolitik wird zumeist deswegen kritisiert weil sie mit starker Verzögerung wirkt und weil Geldpolitik (Zinsen) im Normalfall effektiver ist. Und Massenverstaatlichungen habe ich bisher noch keine gesehen. Falls Herr Schellhorn Banken in den USA meint, die wurden von der FDIC preprivatisiert und sind nicht in öffentlicher Hand. Aber ich glaube die meint er nicht. .... Dabei bräuchten wir gerade im Finanzsektor einen starken Staat, der die Finanzlobby brechen könnte. Um endlich notwendige Regulierungen durchzusetzen, die den Finanzsektor wieder ökonomisch nachhaltig machen würde. Davon ist nichts zu sehen.
Womöglich ist es für ein Urteil noch zu früh. Fest steht, dass Keynes' Theorien schon in kleinen Praxistests gescheiterten. In den 70er- und 80er-Jahren schnürten die Staaten riesige Konjunkturpakete – der Abschwung kam trotzdem. Japan versucht seit Beginn der 90er-Jahre, durch öffentliche Investitionen der Flaute zu entkommen – die Staatsschulden explodierten, der Aufschwung blieb trotzdem aus. Deutschland steckt Unsummen in den Osten, der aber noch immer nicht blühen mag.
Herr Schellhorfn meint also Fiskalpolitik funktioniert nicht. Damit wäre er guter Gesellschaft mit einigen neoklassischen Makroökonomen ... Aber den deutschen Osten als Beispiel zu zitieren ist seltsam. War/Ist das nicht ein Strukturproblem? Die österreichische Presselandschaft wird trotz Presseförderung auch nicht besser.
Wo liegt das Problem? Die Politik steckt die öffentlichen Gelder nicht in die zukunftsträchtigsten Projekte. Sondern in jene, die vorübergehend am meisten Arbeitsplätze sichern. Bestes Beispiel dafür sind General Motors und Chrysler. Nur zwei Monate, nachdem die US-Steuerzahler die beiden Autoriesen vor der Insolvenz gerettet haben, betteln deren Chefs erneut in Washington um Hilfe. Kein Wunder: Die beiden Konzerne waren schon in Zeiten der Hochkonjunktur de facto bankrott. Statt sie pleitegehen zu lassen, wird Geld verpulvert, das produktiven Unternehmen fehlen wird, wenn sie kurzfristig in einen Liquiditätsengpass rutschen sollten.
Bitte? Jetzt würde sie funktionieren, wenn nur die richtigen Projekte ausgesucht werden. Herr Schellhorn die Milliardenpakete in den USA haben einen Fokus auf Gesundsheitssystem, Bildungssystem, Steuerkürzungen, öffentliche Investitionsprojekte etc. Wobei Chrysler und GM Peanuts sind. Diese könnte man meineserachtens in eine kontrollierte Insolvenz gehen lassen. Retten sollen sie dann neue Investoren.
Die „Konjunkturpakete“ dienen in erster Linie der Sicherung des sozialen Friedens und nicht der Ankurbelung der Wirtschaft. Das ist wohl unumgänglich – es wäre freilich besser, die Dinge beim Namen zu nennen als falsche Hoffnungen zu wecken. Die Zeiten werden rau. So oder so. Die „gemütliche“ Krise wurde nämlich noch nicht erfunden.
Herr Schellhorn sollte doch mal erklären was er unter Ankurbelung der Wirtschaft verstehen würde. Das würde sicherlich interessant werden. Zukunftsinvestitionen? Subventionen? Konjunkturpakete werden gemacht um den Fall zu bremsen und ein weicheres Landen für alle zu ermöglichen. Abdämpfung der Abwärtsspirale. Wenn die Konsumenten mehr sparen und die Unternehmen nicht investieren, kann zusätzliches Einkommen nur durch den Staat generiert werden. Damit sollen die Konsumenten zum konsumieren und die Unternehmen zum investieren gebracht werden.
Konkreter gibt es eine Seite danach Stefan Schulmeister in einem Gespräch, wo er 2 Vorschläge aus dem Ärmel zaubert: a) massive termische Sanierung, b) Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Beides sinnvoll und kurzfristig die wirtschaft ankurbelnd. Ersteres fördert die Bauindustrie, zweiteres stützt die Konsumgüterindustrie wenn die Arbeitslosigkeit weiter ansteigt. Doch weiter:
Wie es aussieht, stehen wir am Ende mit jeder Menge Schulden und einer hartnäckigen Flaute da. Historisch gesehen hat sich die öffentliche Verschuldung in den drei auf eine Finanzkrise folgenden Jahren stets verdoppelt. Oder wie der britische Historiker Niall Ferguson unlängst in einem Vortrag vor der liberalen Mont Pèlerin Society meinte: „Die Defizite steigen wie in Zeiten eines Weltkriegs – nur ohne Weltkrieg. Die Verschuldung vieler Staaten wird auf über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen – das ist ein Keynesianismus, der Angst macht.“
Breite Ratlosigkeit. Ebenso beängstigend ist die Ratlosigkeit der Experten. Während die Marktwirtschaftler noch ihre Wunden lecken, predigen die Keynesianer unverdrossen den starken Staat (derselbe Staat hat übrigens die aktuelle Krise mit einer Niedrigzinspolitik und dem Fluten der Märkte mit billigem Geld überhaupt erst ermöglicht).
Die Ökonomen haben heutzutage einen gewissen Konsensus erreicht. Geldpolitik (regelgebundene) ist im Normalfall besser und effektiver als Fiskalpolitik. Die Keynesianer (Krugman, DeLong, Feldman) sagen dass mit der jetzigen Situation (Liquiditätsfalle) Fiskalpolitik notwendig ist. Während andere davon sprechen, dass Fiskalpolitik immer oder relativ ineffizient sei (Beispiel: Robert Barro, John Cochrane). Menzie Chinn gibt Aufklärung für die markoökonomisch gebildeten. Und auf Blick Log findet sich eine gute Verteidigung der Aggressivität mit der Krugman für einen Stimulus argumentiert.
Allerdings stört mich die Aussage zum starken Staat mehr. Ein starker Staat ist letztlich ein Staat, der nicht überschuldet ist. Wie viele verwechselt Schellhorn dabei "stark" und "groß". Als Regulator muss der Staat immer stark sein. Er muss aber nicht unbedingt groß sein. Wenn man die als Keynesianer verschriehenen Ökonomen (Krugman, DeLong) in einen politischen europäischen Kontext setzen wollte, wären sie alle "rechts" - für Deregulierungen, für marktwirtschaftliche Lösungen wo möglich, für Außenhandel, gegen staatliche Beteiligungen etc. etc. Und die Aussage, dass die Federal Reserve mit ihrer Zinspolitik eine zentrale Rolle für die Krise gespielt hat, muss ein wenig relativiert werden. Die Niedigzinspolitik hat sicher eine Rolle gespielt. Outgesourced an James Hamilton. Aber viel wichtiger waren die fehlenden Regulierungen im Finanzsektor. Stichworte: CDS, CDO, Ratingagenturen, .... Finanzinnovationen die die Subprimekrise von einer lokalen US-Angelegenheit zu einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise gemacht haben. Mangelnde Ordnungspolitik ist immer ein Kennzeichen eines schwachen oder von Interessensgruppen dominierten Staates. Und weiter im Text:
Das ändert nichts daran, dass die Marktwirtschaft ein überaus fehleranfälliges System ist. Allerdings das beste fehleranfällige System, das wir kennen. Ein System, das hunderte Millionen von Menschen aus der Armut geführt hat und bisher nach jeder Krise besser funktioniert hat als vorher. Darauf sollten wir vertrauen – bevor wir Experten à la Hugo Chávez und Mahmud Ahmadinejad nachlaufen und unsere Zukunft in deren Hände legen.
Das wissen wir. Die Fähigkeiten zur Selbstkorrektur einer reinen Marktwirtschaft sind wie jene einer reinen Planwirtschaft beschränkt, allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Ich sehe aber keinen der die Marktwirtschaft abschaffen will. Wer rennt den Herren Ahmadinejad, Chávez und Morales nach? Jene ca. 5 % auf der Linken die es noch nicht geschnallt haben und jene ca. 5 % der Rechten, die nicht auf die Ordnung des Marktes sondern auf die Ordnung der Rasse (oder des starken Mannes) schwören. Eine billige wie leere Pointe.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen