Freitag, 20. Februar 2009

Das Bankgeheimnis und die Ökonomik

Österreich wehrt sich kollektiv gegen das Aufheben des Bankgeheimnis. Deutschland bezichtigt Österreich deswegen der Hilfestellung bei der Steuerhinterziehung. Die EU startet einen neuen Vorstoss. Liechtenstein und Luxemburg haben angekündigt ihr Bankgeheimnis anzupassen und die schweizer UBS muss den US Finanzbehörden eine Liste von Konten offenlegen. In Österreich läuft die Argumentation einerseits in die Richtung, dass ein Aufheben des Bankgeheimnisses zu einer Enteignung der Ersparnisse der Oma führen würde. Andererseits wird das Bankgeheimnis als Instrument des Schutzes der Privatsphäre gegen den Leviathan Staat angeführt. Für mich als Ökonomen sind diese Argumente nicht stichhaltig. Zum einen ist die Zinsertragssteuer eine Quellensteuer, zum anderen ist das was ich in der Steuererklärung angebe doch sensitiver als mein Sparbuchstand. Kurt Bayer forderte im Standard die Aufhebung des Bank- und des Steuergeheimnisses. Was sagt die ökonomische Forschung zum Bankgeheimnis:


Nicht viel. Mein oberflächliches googlen hat mich nur auf die Fährte einiger Beiträge gebracht. Die ersten veiden sind ist von Frode Brevik & Manfred Gärtner "Welfare and Distribution Effects of Bank Secrecy Laws" und "Macroeconomic effects of bank secrecy when tax evasion is endogenous". Insgesamt legen diese Beiträge nahe, dass Bankgeheimnisse zu substantiellen Umverteilungseffekten zwischen Ländern führen. Länder ohne Bankgeheimis leiden unter Steuerhinterziehung einer Reduktion von Kapital und Einkommen, einer Verschiebung von Vermögen hin zu Ländern mit Bankgeheimnis und einer reduktion im Konsum, während Bankgeheimnis Länder profitieren. Der Leviathaneffekt im Nichtbankgeheimnisland (niedrigere Steuern zum Gegensteuern) kann für diese Auswirkungen kompensieren. Aus den Schlussfolgerungen des zweiten Papiers:
Our analysis says that even when foreign countries feel compelled to reduce income tax rates and enjoy a boost to economic activity in the private sector, their welfare, the ultimate measure of how well its people are doing, suffers. This happens through three channels: first, when tax rates are lower, public spending is lower, below the level desired by households. Second, part of the taxes its citizens effectively pay end up in the purses of foreign governments, and eu citizens get nothing in return. Third, tax evasion is costly. At least part of these costs must be considered dead-weight loss that has to be conducted from the resources potentially available for private and public consumption.
Huizinga and Nielsen (2002) analysieren Steuerwettbewerb zwischen Ländern, deren Haushalte ihre Depositen im In- oder Ausland anlegen können. Bezogen auf EU-Vorschäge legen die Ergebnisse nahe, dass Quellenbesteuerung und Informationsaustausch eine optimale Lösung bei der weiteren Existenz von Bankgeheimnissen ist.


Dies verdeutlicht warum Österreich sich so gegen die Aufhebung sperrt und Deutschland sich gegen das Österreichische Bankgeheimnis vorgehen möchte. In einem gemeinsamen Markt ist ein solches Vorgehen nicht ganz wettbewerbskonform (gegenüber den deutschen Banken) und in einer politischen Union nicht fair sondern ein Akt des "Schwarzfahrens", wie auch der Kommentar von Thomas G. Lachs im Standard klar macht.

Ein weiteres Papier ist "Competing for Criminal Money" von Greg Rawlings und Brigitte Unger. Dieses Papier ist weniger relevant für die Österreichische Situation, weil vorwiegend Offshore-Zentren diskutiert werden. Dennoch möchte Auszüge aus Schlussfolgerungen:
Between 1984 and 2004 more than 25 countries created novel financial products or instruments and introduced strict bank secrecy regimes that was advantageous to all forms of capital – both legal and criminal. (....) The competition was so intense that other countries started to do the same, and eventually even larger industrialized OECD countries started to create “islands” of relaxed regulation within their own jurisdictions to attract globally mobile capital, regardless of its origins.
(...) the resulting race to the bottom has brought supranational intervention to the fore. (...) The IMF has recognized that OFCs such as Cayman Islands, Bermuda and Luxembourg can play an important role in world finances by attracting globally mobile capital to a neutral trading environment. However, when used for money laundering and criminal activity they can also pose a risk to financial market stability.
(...) Competing for criminal money carries far more long term costs, despite the initial short term gains made by some.
Und warum wurde das Bankgeheimnis in Österreich eingeführt? Im Standard vom 4. April 2008 steht:
Das Bankgeheimnis habe bereits 1945 einen Geburtsfehler gehabt, deutete Doralt an. Es sei mit der Möglichkeit für anonyme Sparbücher eingerichtet worden, damit all die Einkünfte aus dem Schwarzhandel "nicht unter der Bettdecke, sondern zumindest bei den Sparkassen und Banken veranlagt und weiterverliehen" werden hätten können.
Das ist also die Privatsphäre die Scharinger meinte: „Das österreichische Bankgeheimnis schützt die finanzielle Privatsphäre der vielen kleinen österreichischen Sparer. Das österreichische Bankgeheimnis gibt den Kunden vor allem einen rechtlichen Schutz vor Willkür.“ Und von der viele Befürworterseite wird mangelnde Transparenz als Wert gesehen (vgl.). Und die Freiheit die dabei gemeint ist, ist die Freiheit zum Steuerhinterziehen.

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